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Wird Netflix wieder zum Börsenstar?

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US-ENTERTAINMENT-FILM-STREAMING-NETFLIXAPA/AFP/MICHAEL TRAN
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Die Anleger hatten offenbar nicht viel erwartet: Nach einem kleinen Plus bei Nutzern und Umsatz schoss die Netflix-Aktie in die Höhe. Auf Jahressicht ist sie noch immer tief im Minus.

Als der Ex-Hedgefondsmanager und CNBC-Moderator Jim Cramer vor zehn Jahren das Akronym „Fang“ für die aussichtsreichen Technologietitel Facebook, Amazon, Netflix und Google verbreitete, hatte Netflix eine beeindruckende Wachstumsgeschichte hinter sich.
1997 als Versandvideothek gegründet, die Videokassetten und DVDs per Post an ihre Kunden schickte, schrieb Netflix zunächst Verluste. Der damalige Amazon-Chef, Jeff Bezos, soll jedoch das Potenzial erkannt und 14 bis 16 Millionen Dollar für die Firma geboten haben. Die Netflix-Gründer, Reed Hastings und Marc Randolph, lehnten ab und brachten Netflix 2002 selbst an die Börse. Heute ist das Unternehmen 107 Milliarden Dollar wert. Noch immer ist Netflix eine der erfolgreichsten Aktien der vergangenen 20 Jahre.

Preissensible Kunden

Der Börsenwert war vor einem Jahr aber fast drei Mal so hoch. Netflix schreibt zwar längst Gewinne und hat weltweit 223,1 Millionen zahlende Kunden für seine Streaming-Angebote, doch die Wachstumsstory hat an Überzeugungskraft verloren. Netflix wächst kaum noch. In den ersten beiden Quartalen hat man gar Kunden verloren. Netflix kämpft mit starker Konkurrenz, vor allem durch Disney. Dem weltgrößten Unterhaltungskonzern war es vor Kurzem gelungen, mit all seinen Angeboten (Disney+, Hulu, ESPN+) zusammen mehr Kunden anzusprechen als Netflix. Der Rückzug aus Russland kostete Netflix ebenfalls Kunden. Aber auch die Tatsache, dass viele Nutzer ihre Accounts teilen und somit quasi gratis schauen, belastet Netflix. In Zeiten von hoher Inflation und Rezessionsängsten überlegen viele Haushalte zudem, ob sie wirklich so viele Streaming-Abos benötigen – und trennen sich von dem einen oder anderen. Um preissensible Kunden anzusprechen oder zumindest zu halten, hat Netflix kürzlich in einigen Ländern eine günstige Abo-Variante eingeführt, bei der man Werbung ertragen muss. Das wird sich aber erst in den Viertquartalszahlen bemerkbar machen, die im Jänner präsentiert werden.
Die Aussicht, dass Netflix gegen Kundenschwund vorgehen will, hat der Aktie gutgetan, seit ihrem Juni-Tief ist sie um mehr als 50 Prozent gestiegen. Seit Jahresbeginn hat das Papier dennoch die Hälfte seines Werts verloren.
Am Dienstagabend nach Börsenschluss hat das Unternehmen seine Drittquartalszahlen bekannt gegeben. Und die kamen sehr gut an, die Aktie kletterte um 14 Prozent in die Höhe. Die Nutzerzahl ist demnach wieder um 2,4 Millionen auf 223,1 Millionen gestiegen. Das verdankt man eigenen Angaben zufolge Blockbustern wie der vierten Staffel der Mystery-Serie „Stranger Things“ und der Serienkiller-Serie „Dahmer“. Noch besser kam der Ausblick bei den Aktionären an: Für das Gesamtjahr rechnet Netflix mit 4,5 Millionen zusätzlichen Abonnenten.

Kritik an Konkurrenz

Der Umsatz stieg im Jahresabstand von 7,5 auf 7,9 Milliarden Dollar, war aber etwas niedriger als im zweiten Quartal. Dass Netflix wegen des starken Dollar auch für das Schlussquartal einen leichten Rückgang im Quartalsvergleich erwartet, schreckte die Aktionäre diesmal nicht. Auch der Gewinn fiel mit 1,4 Mrd. Dollar etwas geringer aus als im zweiten Quartal.
In seinem Brief an die Aktionäre ging das Management auf das Thema Konkurrenz ein: In Großbritannien und in den USA werde zwei bis drei Mal so viel Netflix geschaut wie Amazon Prime oder wie Disney+, rechnete man vor.
Die Wettbewerber würden viel Geld investieren, um Kunden zu werben und zu binden. Aber ein großes, erfolgreiches Streaming-Geschäft aufzubauen sei schwierig. Man schätze, dass die Konkurrenten im laufenden Jahr operativ zehn Milliarden Dollar mit diesem Geschäft verlieren, während Netflix fünf bis sechs Milliarden Dollar an operativem Gewinn einfahre.
Nach einem schwierigen Halbjahr glaube man, dass man wieder auf dem Weg zu beschleunigtem Wachstum sei, hieß es. Freilich: Disney und Amazon haben andere Standbeine neben dem Streaming-Geschäft, Netflix noch kaum.
Nach der Zahlenvorlage erneuerten einige Analysten ihre neutrale „Halten“-Empfehlung, darunter Jefferies. Das dritte Quartal habe mit einem unerwartet starken Zuwachs der Abonnenten positive Entwicklungen gebracht. Doch bleibe die Marktsättigung ein Thema. Der Ausblick auf das vierte Quartal sei so zurückhaltend wie noch nie gewesen.

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