Kommentar

Die Wiener Festwochen können nur besser werden

WIENER FESTWOCHEN: INTENDANT SLAGMUYLDER WECHSELT 2023 NACH BR�SSEL
WIENER FESTWOCHEN: INTENDANT SLAGMUYLDER WECHSELT 2023 NACH BR�SSEL(c) APA (HANS PUNZ)
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Intendant Christophe Slagmuylder verlässt die Festwochen vorzeitig. Jetzt muss man hoffen, dass Wiens Kulturpolitik daraus lernt.

Christophe Slagmuylder, seit 2019 Intendant der Wiener Festwochen, verlässt diese schon 2023 – ein Jahr vor Auslaufen seines Vertrags. Er geht zurück nach Brüssel, wo er die Leitung des Kulturzentrums Palais des Beaux-Arts übernimmt. Das zeige, „wie die Festwochen über die Grenzen des Landes hinaus als urbanes zeitgenössisches Festival und kultureller Leuchtturm strahlen“, kommentierte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.

Das kann sie wohl selbst nicht ganz ernst meinen. Die Festwochen sollten nun ihre Strahlkraft zurückgewinnen, hatte Kaup-Hasler 2018 bei Slagmuylders Bestellung erklärt. Das ist nicht eingetroffen. Daran ist gewiss nicht das Coronavirus schuld. Wenn die Festwochen in den letzten Jahren über die Landesgrenzen schimmerten, dann höchstens wegen der vielen Co-Produktionen, zu denen sie dank ihrer üppigen Dotierung überdurchschnittlich viel beisteuern konnten.

Zuletzt gab es fast nur noch Co-Produktionen. Das Programm wirkte beliebig, teils wie ein Versuch, das erfolgreiche ImPulsTanz-Festival mit weniger Know-how und mehr Geld nachzumachen. Und es lockte erstaunlich wenig Publikum an, oft blieben Sitze frei. Wobei 2022 ohnehin – für das gesamte sechswöchige Programm! – nur 30.000 Kaufkarten aufgelegt wurden. Ein großes Publikum erreichte lediglich die Eröffnung auf dem Rathausplatz mit Kruder & Dorfmeister und dem Rapper Yung Hurn.
Nein, es kann auch keine Lösung des – zugegebenermaßen schon vor Slagmuylder dräuenden – Festwochen-Problems sein, dass man fortan auf heimische Popacts setzt. Aber es deutet in eine richtige Richtung: Ein Festival wie die Festwochen bezieht seine Substanz aus Weltoffenheit, aus internationalen Produktionen, das ist klar. Aber die müssen erstens besser ausgesucht werden. Zweitens muss dazu eine Verankerung in der heimischen Szene kommen. Deren besten Repräsentanten originelle Auftragswerke anzubieten kann eine der schönsten Aufgaben eines Festivals sein. Das war übrigens auch ein Erfolgsrezept von gelungenen Festivals in Bundesländern, etwa der Linzer Ars Electronica und des Steirischen Herbstes. Beide haben leider in den letzten Jahren genau diese Wurzeln in der regionalen Avantgarde verloren.

Eine Person zu finden, die Internationales und Wienerisches klug kombinieren, vielleicht gar miteinander konfrontieren kann, wird keine leichte Aufgabe für die Kulturstadträtin. Zumal sie in absehbarer Zeit auch zwei weitere, ähnlich gelagerte Fehlentscheidungen zu korrigieren haben wird. Nämlich die Besetzung der Führungen von Volkstheater und Kunsthalle. Auch in diesen Häusern regiert derzeit eine Verachtung fürs Publikum, die nichts mit urbaner Weltoffenheit zu tun hat, sondern im Grunde ziemlich kleinstädtisch ist.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

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