Die britische Regierungschefin, Liz Truss, gerät immer mehr unter Druck. In der Parlamentsfraktion ihrer Tory-Partei wächst der Widerstand gegen die Premierministerin.
Die britische Premierministerin Liz Truss will nun die Flucht nach vorne antreten. Sie hat Gegnern aus der Parlamentsfraktion ihrer konservativen Tory-Partei mit Disziplinarmaßnahmen gedroht. Die Regierung teilte am Donnerstag mit, dass die Fraktionsführung mit den Tory-Abgeordneten sprechen werde, die die Regierung bei der Abstimmung am Mittwoch nicht unterstützt hatten. Diejenigen, die keine vernünftige Entschuldigung dafür hätten, müssten mit angemessenen Disziplinarmaßnahmen rechnen.
Update
Die britische Premierministerin Liz Truss hat am Donnerstag (20.10.) ihren Rücktritt angekündigt.
Truss will auf diese Weise wieder Ruhe in ihre Fraktion bringen, nachdem es am Mittwoch bei einer Abstimmung über Fracking, bei der nicht klar war, ob sie auch eine Vertrauensfrage war, zu chaotischen Szenen und Rangeleien unter den Abgeordneten gekommen war. Die Regierung gewann trotz mehrerer Abweichler das Votum.
Ärger in eigenen Reihen wächst
Verkehrsministerin Anne-Marie Trevelyan sagte der BBC, sie sei schockiert über Berichte, wonach Tory-Abgeordnete drangsaliert worden seien, um sie zu zwingen, mit der Regierung zu stimmen. Truss habe aber das Vertrauen des Kabinetts. Auf die Frage, ob Truss die Konservativen auch in die nächsten Parlamentswahlen führen werde, sagte sie Times Radio: „Ich denke, im Moment ist das noch immer der Fall.“
Die Regierungschefin ist seit Mittwoch weiter in Bedrängnis, nachdem zuerst Innenministerin Suella Braverman zurückgetreten war und es dann bei der Abstimmung im Parlament zu den chaotischen Szenen kam. Teilweise sollen Abgeordnete eingeschüchtert und bedrängt worden sein, damit sie für die Regierung stimmen. Beobachter sprachen davon, dass es solche Szenen noch nie gegeben habe. Weitere Abgeordnete von Truss' Partei forderten einen Rücktritt der 47-Jährigen. „Ihre Position ist unhaltbar geworden“, twitterte die Abgeordnete Sheryll Murray.
Truss droht Misstrauensvotum
Zu den Szenen im Parlament kam es bei der Abstimmung über einen von der Labour-Opposition eingebrachten Antrag, der den Weg zu einem Fracking-Verbot ebnen sollte. Die Regierung hatte die Abstimmung zunächst zur Vertrauensfrage deklariert, war dann aber kurz vor Beginn der Stimmabgabe wieder zurückgerudert. Der Labour-Antrag wurde schließlich mit großer Mehrheit abgelehnt. Viele konservative Abgeordnete sollen aber nur widerwillig gegen den Vorstoß gestimmt haben.
Medienberichten zufolge steht Truss möglicherweise noch diese Woche vor einem Misstrauensvotum ihrer Fraktion. Sie hatte erst vor etwa sechs Wochen die Nachfolge von Boris Johnson angetreten, der nach mehreren Skandalen und Eklats auf Druck der eigenen Partei zurückgetreten war. Doch bereits seit Mitte September kämpft Truss um ihr politisches Überleben im Amt, nachdem sie mit ihren Steuersenkungsplänen ein Fiasko an den Finanzmärkten ausgelöst hatte und sich zu einer Kehrtwende gezwungen sah. In ihrer Partei wuchs zunehmend der Unmut und Widerstand gegen sie. Umfragen zufolge liegen die Konservativen etwa 30 Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour Party. Bei dem Forschungsinstitut YouGov ist Truss die unbeliebteste Regierungschefin seit dem Beginn der Erhebungen.
(APA/Reuters/dpa)