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Literaturbetrieb

Wo die Instagrambubble ihre Bücher kauft

Der Literaturbetrieb ist über weite Strecken immer noch weiß und männlich dominiert: Diese buchbasierten Projekte von Frauen entwerfen alternative Angebote, von einer kuratierten Box über einen Podcast bis zum stationären Handel.

Bücher zu lesen habe zwei Funktionen, erklärt Arwa Elabd. Zum einen könne man mit Büchern wie durch ein Fenster in andere Lebensweisen und Lebensrealitäten blicken, neue Welten erkunden. Zum anderen sei der Blick ins Buch wie ein Blick in den Spiegel, der einem die eigene Identität reflektiert. „Beim Lesen lernt man etwas dazu, und Lesen dient dem Empowerment.“ Eine Aussage, die so universell wie individuell ist. Welche Lesebiografie ist nicht von den fantastischen Welten geprägt, in die man per Jugendbuch reiste? Wer hat sich nicht die Vorstellung der Sorte Mensch, die man sein möchte, zusammengesponnen aus literarischen Versatzstücken, aus Vor­bildern und Phrasen, die ihm die Literatur reichte? Wer hat sich nicht hilfesuchend an die Bücher gewandt, auf der Suche nach Liebe, Freiheit, Sinn, was auch immer He­ranwachsende eben gerade glauben, dass ihnen fehlt? Und wer wird nicht auch als Erwachsener noch, wenn sie oder er die Grenzen der eigenen Existenz längst akzeptiert hat, ja damit zufrieden scheint, zwar seltener, aber wenn, dann eben auch durch das Lesen daran erinnert, dass alles doch ganz anders sein könnte . . .

Sichtbar. Arwa Elabd liest und rezensiert auf Instagram, aber auch für die Schulstunde.
Sichtbar. Arwa Elabd liest und rezensiert auf Instagram, aber auch für die Schulstunde.Christine Pichler

Literatur in der Box

Die Bibliobox begann als Coronaprojekt von Arwa Elabd. Seit März 2020 verschickt sie in regelmäßigen Abständen eine Auswahl von Lesezeichen, Postkarten, Papierwaren – und natürlich Büchern. Und zwar solche von Autorinnen und Autoren, die aufgrund ihrer Herkunft marginalisiert werden. Als Deutsch- und SpanischLehrerin hat Elabd erfahren, dass die Literatur, die im Deutsch-Unterricht verwendet wird, mit der Lebenswelt von Jugendlichen häufig wenig zu tun hat. Während der Black-Lives-Matter-Bewegung hat die langjährige Buchbloggerin viele Anfragen von Lehrkräften bekommen: Was zu dem Thema mit Schülerinnen und Schülern lesen? Mit welchen Werken den Bestand der Schulbibliothek erneuern? Seitdem hat sich die Bibliobox mehr zu einem pädagogischen Projekt entwickelt, Elabd und eine Kollegin geben Workshops etwa zu antirassistischem Handeln anhand von Jugendromanen, bereiten Lehrmaterialen auf und beraten Lehrende. Obwohl es im deutschsprachigen Jugendbuchbereich immer noch eine bescheidene Auswahl gibt, zählen heute keine Ausreden mehr. „Heute haben wir Zugang zu diverser Literatur und Vielfalt“, sagt sie. Informationen auf ­www.bibliobox.at, außerdem bloggt und liest Elabd als @aruajuanita auf Instagram.


Dennoch finden nicht alle Leseerfahrungen unter den gleichen Voraussetzungen statt. „Als ich zum ersten Mal ein Buch mit einer muslimischen Protagonistin gelesen habe, war ich 20 Jahre alt. Als ich einem Lehrer davon erzählte, meinte er: ,Ja eh, warum sollten wir eure Geschichten lesen?‘“, erinnert sich Elabd. Aus ihrem Bücherabo, dem Projekt Bibliobox, und der zugehörigen Onlinebuchhandlung mit Fokus auf Autorinnen und Autoren, die aufgrund ihrer Herkunft marginalisiert und vom Mainstream ausgeschlossen werden, hat sich nach und nach ein pädagogisches Projekt entwickelt.

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