Die Meteorologin Andrea Steiner zeigt mittels Satellitendaten, wie sich Wetter und Klima langfristig ändern.
Es hätte wohl keinen Passenderen geben können: Klimaforscher Gottfried Kirchengast war anno 2014 selbst in der Kategorie Forschung nominiert gewesen.
Am Mittwochabend nahm er den Preis stellvertretend für seine Nachfolgerin an der Spitze des Wegener-Centers für Klima und Globalen Wandel der Uni Graz, Andrea Steiner, entgegen. Und verlas eine Grußbotschaft der erkrankten Meteorologin und Geophysikerin, mit der er seit 25 Jahren wissenschaftlich eng zusammenarbeitet.
Untröstlich und hocherfreut
Darin zeigte sich diese „untröstlich“, nicht selbst dabei sein zu können, stellte aber zugleich ihre große Freude über die Wahl in den Vordergrund: Diese sei eine Auszeichnung für die gemeinsame Arbeit am Wegener-Center, an ihrer Fakultät und an der Universität Graz überhaupt. „Ich sehe den Preis nicht nur als Anerkennung für mich, sondern auch für mein Team. Forschungsarbeit geht nur im Team, man macht sie nie allein“, so Steiner. Kirchengast, der für sie sprach, war einst Steiners Doktorvater. 2019 übergab er die Leitung des von ihm – gemeinsam mit dem Volkswirt Karl Steininger gegründeten – Wegener-Centers an sie. Dort befasst man sich sowohl mit physikalischen als auch mit sozioökonomischen Aspekten des Klimawandels.
Steiner ist Leiterin des Teams für Klimaanalyse und Ko-Leiterin der Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem. Dabei macht sie sich zunutze, dass anhand von Störungen in der Übermittlung von Satellitendaten Rückschlüsse auf den Zustand der Atmosphäre möglich sind. „Wenn wir unsere Klimazeitreihen analysieren, sehen wir einerseits kurzfristige Schwankungen natürlichen Ursprungs, etwa von Vulkanausbrüchen. Aber wir sehen andererseits langfristig einen sehr stark ansteigenden Temperaturtrend, der durch menschliche Aktivitäten verursacht wird“, schildert Steiner. Aus der von ihr erforschten Physik der Atmosphäre lässt sich zudem ableiten, wie sich das Klima dort verändert und was das für das Wetter und für Extremereignisse auf der Erde bedeutet.
Studien, an denen Steiner vor rund 20 Jahren beteiligt war, haben heute Pioniercharakter. Für ihre wissenschaftliche Arbeit wurde sie bereits vielfach ausgezeichnet. Hat sie mit der Wahl zur Österreicherin des Jahres gerechnet? „Nein“, sagt sie. Denn mit Gernot Müller-Putz von der TU Graz, der mit seiner Technologie Gedanken in Bewegung übersetzt und so Menschen mit Beeinträchtigungen neue Perspektiven bietet, und Azra Korjenic von der TU Wien, die sich für ökologisches Bauen starkmacht, seien andere, sehr wichtige Forschungsgebiete in die Top drei gelangt.
Auftrag weiterzumachen
Und was unterscheidet die Austria von anderen Preisen? Steiner freut sich einerseits über das breite Votum der Leserinnen und Leser der „Presse“ – und andererseits über die mit der Auszeichnung verbundene öffentliche Bühne für ihre Anliegen: „Das Klima zu schützen, ist das Wichtigste. Wir brauchen eine gesunde Luft und gesundes Wasser. Davon hängen Wirtschaft und Gesellschaft ab, das ist unsere Lebensgrundlage, die es zu schützen gilt.“ Man dürfe den Klimaschutz daher trotz der derzeitigen Krisen nicht aufschieben und Fehler der Vergangenheit wiederholen: „Wir müssen jetzt handeln. Klimaschutz muss gelingen, um eine lebenswerte Erde für zukünftige Generationen zu erhalten“, formulierte Steiner in ihren Dankesworten. Sie sieht die Auszeichnung daher als breite Unterstützung für Klimaforschung und Klimaschutz – und als Auftrag, diesen Weg weiterzugehen.
Zur Person
Andrea Steiner ist Meteorologin und Geophysikerin. Sie leitet seit 2019 das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. Für ihre Klimaforschung nutzt sie GPSbasierte Satellitendaten. Ihr Wissen bringt sie in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien ein.