Energiepreise

Fallende Gaspreise kommen erst spät in den Haushalten an

IMAGO/MiS
  • Drucken

Während die Energiepreise in der Industrie tendenziell variabler und stärker an die kurzfristige Marktentwicklung gebunden sind, wird der Verbrauch privater Haushalte oft über längerfristige Verträge (Futures) gedeckt.

Seit Ende September gehen die Gas- und Strompreise an den Spotmärkten zurück. Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die Industrie schneller davon profitieren als Haushalte und kleinere Energiekunden, da deren Verbrauch oft über längerfristige Verträge (Futures) gedeckt werde. Das sagte der Chef der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in einer Veranstaltung der American Chamber of Commerce in Wien.

In der Industrie seien die Energiepreise dagegen tendenziell variabler und stärker an die kurzfristige Marktentwicklung gebunden. Mit Blick auf die Strom-Future-Preise rechnet Urbantschitsch damit, dass die Preise bis Ende 2023, Anfang 2024 wieder ein "normales" Niveau erreichen. Das sei unter anderem auf den Ausbau der Erneuerbaren zurückzuführen. Zudem habe die EU gezeigt, dass sie im Notfall schnell reagieren kann. Auf die kommende Heizsaison blickt der E-Control-Chef zuversichtlich. Angesichts der gefüllten Gasspeicher sollte Europa auch bei einem Lieferstopp seitens Russlands "Ok" durch den Winter kommen.

Abhängigkeit von Russland schnell reduziert

Europa sei es schnell gelungen, die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren. Dabei habe man auch Glück gehabt, dass die Energienachfrage in China aufgrund der dortigen Null-Covid-Politik gering gewesen sei. Mit Blick auf die USA als alternativen Lieferanten von Gas mahnte Urbantschitsch zur Vorsicht: Sollten dort die Inlandspreise stärker steigen, würde die US-Politik die einheimische Nachfrage wohl über den Export stellen.

Mit Blick auf Russland fügte der E-Control-Chef an, dass die Abhängigkeit mit Europa gegenseitig sei. Um sein Gas verstärkt in andere Länder (z.B. China) zu exportieren, müsse Russland erst die dafür nötigen Pipelines bauen.

Russland lieferte seit 1968

Ob einzelne Personen die Abhängigkeit Europas von Russland bewusst vorangetrieben hätten, wisse er nicht, so Urbantschitsch. Jedenfalls sei russisches Gas lange Zeit einfach billiger gewesen als andere Energiequellen und habe auch dabei geholfen, die Industrie in Österreich aufzubauen. Zudem sei Russland über viele Jahre und Krisen (Urbantschitsch nannte hier den Prager Frühling und den Mauerfall als Beispiele) hinweg ein verlässlicher Lieferant gewesen. Seit 1968 gebe es russische Gaslieferungen in Österreich, erst 2009 sei es zum ersten Mal zu einer Lieferunterbrechung gekommen.

Die aktuelle Situation mache starke staatliche Eingriffe in den Markt notwendig. Nach der Krise müsse man aber wieder zu einem liberalisierten Energiemarkt zurückkehren, mahnte Urbantschitsch und warnte vor einem verstärkten Fokus auf Energieautarkie. Der Wettbewerb und das Merit-Order-Prinzip seien in normalen Zeit sehr erfolgreich gewesen, aber auch in Zukunft müsse es die Möglichkeit geben, Gas- und Strompreise in Notfällen zu entkoppeln.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gas

95 Euro pro Megawattstunde: Europäischer Gaspreis setzt Talfahrt fort

In der Früh rutschte der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas um etwa vier Prozent auf 94,59 Euro je Megawattstunde. Seit Ende der vergangenen Woche geht es mit dem Gaspreis nach unten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.