Lyrik

Marieke Lucas Rijneveld: Wenn die Stille nach Silage riecht

Marieke Lucas Rijneveld
Marieke Lucas RijneveldSuhrkamp
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Eine Sprache für die Veränderung: Marieke Lucas Rijnevelds Doppellyrikband „Kalbskummer. Phantomstute“.

In einer Wohnung verstecken sich viele Erinnerungen wie Untergetauchte, die eines Tages ans Licht kommen“, schreibt Marieke Lucas Rijneveld im Gedicht „Noppenfolie“. Und die Noppenfolie dient ihm wenige Zeilen später als Metapher für die Schweißperlen auf der Stirn des Vaters, als der Bruder abgeholt wird – er ist gestorben. Selten sind in einem Gedichtband so viele neue Metaphern zu finden, und ebenso selten sind sie sprachlich so präzise wie im Fall von Marieke Lucas Rijnevelds „Kalbskummer“. Der Suhrkamp Verlag bringt dieses im Jahr 2015 in den Niederlanden unter dem Titel „Kalvsflies“ erschienene Debüt nun im Doppelpack (in einem Buch) mit dem zweiten Lyrikband „Phantomstute“ („Fantoommerrie“, 2019) heraus. Ein Glücksfall für die Lesenden – genauso wie die Tatsache, dass die Ausgabe zweisprachig ist und man so die von Ruth Löbner übertragenen Sprachbilder im niederländischen Original nachvollziehen kann.

Marieke Lucas Rijneveld wurde 1991 geboren und ist in der niederländischen Region Nordbrabant in einer streng calvinistischen Familie auf einem Bauernhof aufgewachsen. Dieses Aufwachsen, der Verlust der Kindheit und des Vertrauens, das Leben mit Tieren – und die damit verbundenen Grausamkeiten –, die Auseinandersetzung mit Körper und Identität spielen eine maßgebliche Rolle in seiner Lyrik, ebenso wie der Tod des Bruders. Den hat Rijneveld auch in seinem Roman „Was man sät“ thematisiert. Im Jahr 2020 erhielt er dafür, gemeinsam mit Übersetzerin Michele Hutchison, den International Booker Prize.

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