Anwalt fordert Nichtigkeit wegen Bandion-Ortner

ElsnerAnwalt fordert Nichtigkeit wegen
ElsnerAnwalt fordert Nichtigkeit wegen(c) Reuters (Leonhard Foeger)
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Bandion-Ortner habe das Urteil ausgefertigt und unterzeichnet, als sie schon designierte Justizministerin war, sagt Elsner-Anwalt Stranzinger. Seit Mittwoch früh läuft die Berufungs-Verhandlung zum Bawag-Prozess.

Mittwoch kurz nach 9 Uhr früh wurde die Verhandlung beim Obersten Gerichtshof (OGH) über die Rechtsmittel der drei Angeklagten gegen das erstinstanzliche Urteil im Bawag-Prozess eröffnet. Ein fünfköpfiger Senat des OGH unter Vorsitz von Richter Rudolf Lässig entscheidet über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der ehemaligen Bawag-Managers. Elsners Anwälte forderten für den Angeklagten die Aufhebung des Ersturteils und einen Freispruch.

Elsners Rechtsanwalt Andreas Stranzinger fordert die Aufhebung des Urteils gegen seinen Mandanten wegen Nichtigkeit. Es handle sich um ein "einzigartiges Verfahren", nicht nur wegen der Länge des Verfahrens und der Rekord-U-Haft für Elsner sowie der "zahlreichen Ungereimtheiten" im Akt, sondern weil die Bawag-Richterin zur Justizministerin gemacht worden sei. Bandion-Ortner habe das Urteil ausgefertigt und unterzeichnet, als sie schon designierte Justizministerin war, das hätte sie aber nicht tun dürfen, so der Anwalt. Dieser "Hinderungsgrund" für die Bawag-Richterin müsse zur Nichtigkeit des Urteils führen.

"Hudelei" bei der Anklageschrift

"Verhindert war Bandion-Ortner spätestens zum Zeitpunkt der Designierung", also im Herbst 2008, argumentierte Stranzinger. Das Urteil sei aber zum Jahreswechsel von Bandion-Ortner ausgefertigt und erst am 10. Jänner 2009 zugestellt worden, am 15. Jänner 2009 sei Bandion-Ortner als Justizministerin angelobt worden. Als Justizministerin sei sie nicht unabhängig, sondern Partei, weil sie weisungsbefugt sei, dieser Verhinderungsgrund müsse schon bei der Designierung gelten. Bandion-Ortner war am 24. November 2008 von ÖVP-Chef Josef Pröll als Teil des schwarzen Regierungsteams vorgestellt worden. Laut einer Kaiserlichen Verordnung aus dem Jahr 1915 dürfe bei einer Verhinderung nicht der verhinderte Richter, sondern ein Mitglied des Senats das Urteil ausfertigen, so der Anwalt. Verschärfend komme hinzu, dass Bawag-Staatsanwalt Georg Krakow als Kabinettschef im Justizministerium "inthronisiert" worden sei.

Stranzinger ortet auch "Hudelei" bei der Verfassung der Anklageschrift, die später drei Mal modifiziert worden sei. Dadurch seien auch Delikte angeklagt worden, die schon verjährt gewesen seien. Auch der Spekulant Wolfgang Flöttl wurde vom Anwalt erneut ins Blickfeld gerückt: "Es ist hanebüchen, wenn ich im 20. Jahrhundert behaupte mein Computer ist abgestürzt und alle Daten sind weg". Dies habe auch Bawag-Gutachter Fritz Kleiner festgestellt, so der Elsner-Anwalt, wenn ein Broker bei massiven Verlusten keine Aufzeichnungen führe handle er sorgfaltswidrig. Hingegen habe Elsner immer das "zweifelhafte Handelsverhalten Flöttls" aufklären wollen.

"Kein Schädigungsvorsatz bei Elsner"

Strafrechtsprofessor Peter Lewisch, ebenfalls Rechtsvertreter für Elsner, kritisierte die Verurteilung Elsners wegen Untreue. Das Ersturteil von Bandion-Ortner sei bei der Darstellung des angeblichen Schädigungsvorsatzes von Elsner "substanzlos", so der Jurist. Bei Elsner sei kein Schädigungsvorsatz vorgelegen: "Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Bankdirektor, wenn er Geld für die Bank verdienen will, einen Totalverlust in Kauf nimmt". Diese Annahme sei "lebensfremd". Mangels eines Schädigungsvorsatzes liege daher auch keine Untreue vor.

Elsners Anwalt Jürgen Stephan Mertens verwies auf den korrekten Lebenswandel Elsners, der sich vor und nach den ihm den vorgeworfenen Taten immer rechtmäßig verhalten habe. Die lange U-Haft für Elsner sei unverhältnismäßig, kritisierte der Jurist. In Österreich sei es zu ähnlich langen U-Haftzeiten bisher nur bei Kriegsverbrechern, also Massenmördern, gekommen. Während des ganzen Verfahrens sei Elsner krank gewesen, während der Hauptverhandlung habe er Angst vor einem Herzinfarkt gehabt. "Ein solches Haftübel geht über das normale hinaus und muss strafmildernd angerechnet werden", folgerte Mertens. Er selber litt zu Beginn seines Plädoyers an einem Schwindelanfall und setzte seine Rede im Sitzen fort.

Das ganze Bawag-Verfahren leide an einer "Schieflage", weil den Beweisanträgen Elsners zur Aufklärung, wohin das Geld gelangt sei, nicht stattgegeben worden sei. Daher habe Elsner Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch gegen Bandion-Ortner erhoben. Dieses Verfahren sei noch anhängig und liege beim Verfassungsgerichtshof, der eine Zuständigkeitsfrage klären müsse. Auch das - bereits rechtskräftige - Urteil gegen Elsner wegen des Geldgeschenks an Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter sei unverhältnismäßig, führte Mertens aus. Elsner könne insgesamt nur maximal 10 Jahre Haft bekommen, er sei aber zu 12 Jahren verurteilt worden (neuneinhalb Jahre Haft im Ersturteil, zweieinhalb Jahre Haft wegen Gerharter-Causa).

Anwälte schießen sich auf Gutachter ein

Die Anwälte der beiden Angeklagten Johann Zwettler und Peter Nakowitz haben sich auf den Gutachter im Bawag-Prozess eingeschossen. Der Sachverständige Fritz Kleiner wurde massiv kritisiert, weil er im Prozess in der ersten Instanz zu Elsner gesagt hatte, "Wer zuletzt lacht lacht am besten". Dies sei Ausdruck einer Voreingenommenheit des Gutachters, so Zwettlers Anwalt Mario Schmieder. Beim Gutachter seien offenbar "absolut unsachliche Überlegungen" bei der Erstellung des Gutachtens eingeflossen, mutmaßte er.

Vorwürfe richtete Zwettlers Anwalt ebenfalls in Richtung des Mitangeklagten Spekulanten Wolfgang Flöttl: Wenn dieser ein Haus für 30 Millionen verkaufen könne, und auch als spendenfreudig gelte, stelle sich die Frage nach seinen Vermögensverhältnissen. Man solle die Wahrheit erforschen, auch über die Sicherheiten, die Flöttl nach den Verlusten der Bawag aus seinem Vermögen zur Verfügung gestellt habe. Bei Zwettler solle auch sein volles Geständnis als mildernd berücksichtigt werden. Außerdem habe sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert, eine Polio-Erkrankung sei schlimmer geworden. Zwettler war in erster Instanz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

"Wer zuletzt lacht, lacht am besten"

Der Anwalt von Peter Nakowitz meinte ebenfalls, der Sachverständige sei mit seiner umstritten Äußerung "Wer zuletzt lacht, lacht am besten" fünf Monate vor dem Urteil zu weit gegangen. Laut Rudolf Breuer hatte Nakowitz, der als rechte Hand Elsners tätig war, nie einen Schädigungsvorsatz. Er sei auch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Elsner gestanden. Breuer dankte dem OGH und der Generalprokuratur für ihre Arbeit, sich in den riesigen Bawag-Akt einzuarbeiten: "Man geht fast unter in dem Akt".

Auch Breuer verwies auf eine ungeklärte Rolle von Flöttl: Wenn das Geld nicht spekulationsmäßig verloren gegangen sei, so könne ein vorsätzliches Handeln Flöttls nicht ausgeschlossen werden, um sich das Geld "herauszuholen". Dann würde ein überholender Vorsatz einer Drittperson die Schädigungsabsicht der anderen Bawag-Angeklagten wegnehmen.

(APA)

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Kommentare

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