Leitartikel

Der Höchstrichter mitten in der politischen Arena

(c) imago images/SEPA.Media (Martin Juen via www.imago-images.de)
  • Drucken
  • Kommentieren

Werner Suppan, Anwalt von Ex-Kanzler Kurz, erweist dem VfGH keinen guten Dienst. Er sollte das Mandat oder die Funktion am Höchstgericht zurücklegen.

Fokussiert, gut vorbereitet und jederzeit zum Streit bereit: Ganz, wie es sich für einen guten Rechtsanwalt gehört, zeigte sich Werner Suppan vorige Woche im „ZiB 2“-Interview mit Martin Thür. Der Rechtsvertreter des ehemaligen ÖVP-Chefs und Bundeskanzlers Sebastian Kurz versuchte in dem Fernsehauftritt, das Beste für seinen Mandanten herauszuholen, indem er Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid angriff und Kurz in Schutz nahm. So weit, so normal. Das Ding ist nur: Werner Suppan ist nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch Höchstrichter. Und dass sich ein solcher mitten in die innenpolitische Arena begibt, ist alles andere als normal.

Der 59-jährige gebürtige Kärntner, der Kurz auch in die parlamentarischen U-Ausschüsse begleitete und in dessen Namen gegen Kritik in Medien einschritt, saß Anfang der 2000er-Jahre für die ÖVP in der Bezirksvertretung Ottakring. Immer wieder übernahm er Mandate für (ehemalige) ÖVP-Politiker, neben Sebastian Kurz etwa auch die früheren Finanzminister Gernot Blümel und Hartwig Löger. Ende 2016 nominierte der Bundesrat auf ÖVP-Initiative Werner Suppan als Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs. Er ist damit eine von sechs Personen, die einspringen, wenn von den zwölf eigentlichen Mitgliedern jemand ausfällt. Bloß für Präsident Christoph Grabenwarter und Vizepräsidentin Verena Madner gibt es keine Reserve.

Einer von den zwölf ist Michael Rami, ebenfalls Rechtsanwalt und auf FPÖ-Wunsch 2018 in das Höchstgericht bestellt. Er kam dort 2019 stark unter Druck, weil er in aller Öffentlichkeit der Politik zu nahe gekommen war: Er hatte den damaligen FPÖ-Obmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den jetzigen FPÖ-Obmann und damaligen Innenminister Herbert Kickl vor Gericht vertreten, also Angehörige der Regierung, deren Tätigkeit ja der unabhängigen Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt. Die anderen Mitglieder des Höchstgerichts waren not amused. Sie sahen, wie es damals im Haus auf der Wiener Freyung hieß, eine „rote Linie“ überschritten, Michael Rami musste die FPÖ-Mandate seiner Kanzlei aufgeben und anderen überlassen.

Ob von Blau, Türkis, Rot oder Grün erfunden (die Neos haben bis dato niemanden für das Höchstgericht nominiert – Irmgard Griss, zufällig Suppans Vorgängerin als VfGH-Ersatzmitglied, startete ihre pinke politische Karriere erst nach ihrem Abgang vom Höchstgericht): Kein Mitglied erweist dem Höchstgericht einen guten Dienst, wenn es auf die Bühne der Tagespolitik tritt. Im Gegenteil: Es schadet ihm, beschädigt das Bild des Höchstgerichts.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.