Außenpolitik

Österreich in der Welt: Diplomatie jenseits der Sachertorte

Vorhang zu. Als Gastgeber für die Atomgespräche mit dem Iran hat Wien einstweilen ausgedient.
Vorhang zu. Als Gastgeber für die Atomgespräche mit dem Iran hat Wien einstweilen ausgedient. (c) REUTERS (CARLOS BARRIA)
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Die Gastgeberrolle für Gespräche über internationale Konflikte spielt Wien perfekt. Für Vermittleraktivitäten darüber hinaus gibt es Potenzial. Österreich könnte nicht nur auf dem Balkan oder im EU-Rahmen Akzente setzen.

Mitte September trafen sich im Wiener Bruno-Kreisky-Forum Vertreter der afghanischen Opposition rund um Ahmed Massoud, den Chef der Nationalen Widerstandsfront, zu einer Dialogrunde. Während der Fokus der Weltöffentlichkeit auf den Ukraine-Krieg gerichtet ist, glimmt der Konflikt am Hindukusch abseits des medialen Schlaglichts. Zustande gekommen ist die Konferenz auf private Initiative, unterstützt freilich vom Außenministerium. Wolfgang Petritsch, einer der Teilnehmer, lobt die „diskrete Zusammenarbeit“ mit dem Außenamt in Wien bei Logistik und Sicherheit im „Presse“-Gespräch als „modellhaft“.

Für den Ex-Karrierediplomaten, den Kosovo-Verhandler und Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina kommen darin die besten Traditionen der österreichischen Diplomatie zur Entfaltung – ein kleines, neutrales Land ohne Machtinteressen in der Region, aber als UN-Amtssitz mit dem Anspruch als Vermittlungsort. Als „Kreiskyaner“, als Mitarbeiter des langjährigen Bundeskanzlers mit großen außenpolitischen Ambitionen, hat der Gesprächsort nostalgischen Charakter. Der 75-Jährige wünscht sich indessen mehr derartige Initiativen und ein stärkeres außenpolitisches Engagement.In unserem Schwerpunkt zum österreichischen Nationalfeiertag versuchen wir, die vielen Potenziale der Republik zu beleuchten.

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Paradebeispiel Norwegen

Norwegen galt – und gilt immer noch – als Paradebeispiel für eine Vermittleraktivität von Nahost bis Sri Lanka, von Kolumbien bis Jemen. Der Friedensprozess von Oslo, der den drei Akteuren Rabin, Peres und Arafat 1994 in der norwegischen Hauptstadt den Nobelpreis eingetragen hatte, ist freilich längst gescheitert. Die Friedenspolitik ist ein Element der norwegischen Diplomatie, das Außenministerium unterhält dafür eine eigene Abteilung mit Team und gut dotiertem Budget. Anfang Jänner richtete Norwegen in der Nähe von Oslo Verhandlungen mit der Taliban-Regierung aus, die sich indes wegen der Differenzen über die Frauenrechte zerschlugen.

Am großen Rad dreht derzeit niemand. Doch man sollte „den Tag nach dem Ukraine-Krieg“ im Auge haben, gibt Emil Brix, Leiter der Diplomatischen Akademie, zu bedenken. Abseits des Afghanistan-Konflikts und des Kriegs in Osteuropa tut sich ein großes Feld für Vermittleraktivitäten auf. Wien hat sich als Standort für die Iran- und Syrien-Gespräche eingebracht, was nicht nur Millionen Euro „über Melange und Sachertorte hinaus“ gekostet hat, sondern die Reputation Wiens als Begegnungsstätte bestätigt hat, betont ein Diplomat. Die US-sowjetischen Gipfeltreffen in Wien zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow 1961 und zwischen Jimmy Carter und Leonid Breschnjew 1979 gehören zur Folklore des Kalten Kriegs.

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