Kommentar

Die widerlichen Methoden von Harvey Weinstein

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FILES-US-TRIAL-ENTERTAINMENT-FILM-WEINSTEINAPA/AFP/POOL/ETIENNE LAURENT
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In all den Jahren seines beruflichen Erfolgs umgab sich der frühere Filmproduzent mit einflussreichen Feministinnen, um ein Fallnetz zu haben, sollten seine perfiden Machenschaften irgendwann auffliegen. Ein für diesen Menschenschlag typisches Verhalten.

Vielleicht erinnern sich manche daran. Meryl Streep, die vielleicht am meisten respektierte und bewunderte Schauspielerin der Welt, bezeichnete den ehemaligen Filmproduzenten Harvey Weinstein einst als „Gott“. Der Anlass war eine euphorische Dankesrede vor einem Millionenpublikum.

So ein schlechter Mensch kann Weinstein, der derzeit in Kalifornien wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und anderer sexueller Übergriffe vor Gericht steht, also nicht sein, wenn er von jemandem wie Meryl Streep geachtet wird. Sie ist ja nicht blöd. Und ein Abhängigkeitsverhältnis bestand zwischen den beiden auch nicht. Schon damals konnte Streep arbeiten, mit wem sie wollte.

Tatsächlich ist sie nicht die einzige mächtige, sympathische und glaubwürdige Frauenrechtlerin, die lange Zeit zu Weinsteins Vertrauenskreis gehörte und deren Initiativen er auf dem Höhepunkt seiner beachtlichen Karriere unterstützte – moralisch wie finanziell.

Mittlerweile ist klar, dass Weinstein all die Jahre über offensichtlich kalkuliert und strategisch vorging. Als die ersten Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung bekannt wurden, soll er sogar gezielt den Kontakt zu einigen seiner früheren Opfer gesucht haben, um sich mit ihnen in scheinbar angenehmer Atmosphäre fotografieren zu lassen. Die Botschaft, die er vermitteln wollte, ist klar: Jemand, dem ich irgendetwas Schlimmes angetan habe, würde wohl kaum lächelnd mit mir posieren. Offenbar bereitete er also schon sehr früh seine Verteidigung vor, denn diese Frauen hatten noch keine Vorwürfe erhoben, er musste aber davon ausgehen, dass sie das zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht doch tun würden.

Was für eine perfide und infame Vorgehensweise. Allerdings ist sie typisch für diese Sorte Mensch. Auch bei Rassisten und Ausländerhassern lässt sich dieses Phänomen beobachten. Viele von ihnen suchen und pflegen den Kontakt zu beispielsweise Afrikanern, Arabern und Türken, um später auf den angeblichen Widerspruch hinweisen zu können, sollten sie sich irgendwann einmal wegen rassistischer Aussagen und Übergriffe verantworten müssen.

Dabei ist das kein Widerspruch. Natürlich haben Sexisten und Vergewaltiger in ihrem Umfeld Frauen, die sie nie belästigt haben und mit denen sie im besten Einvernehmen leben. Und natürlich gibt es Rassisten, die sich stets anständig gegenüber ihren ausländischen Bekannten und Arbeitskollegen verhalten haben. Sie sind in Anwaltskanzleien, Universitäten und Magistratsabteilungen ebenso zu finden wie in politischen Parteien, Supermärkten, Filmsets, Fußballmannschaften und Zeitungsredaktionen. Sie sind mitten unter uns. Und die meisten von ihnen werden nie enttarnt.

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