Filmkritik

„Im Westen nichts Neues“: Der schiere körperliche Horror des Krieges

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Die dritte Verfilmung des Remarque-Romans „Im Westen nichts Neues“ ist die erste aus Deutschland. Und sie stellt sich in die Reihe betont physischer Antikriegsfilme, die auf Melodramatik und Psychologisierung weitgehend verzichten.

Der Film ist ein Medium, das Wirklichkeit abbilden kann. Dennoch beschränkte sich das frühe Kino bei der Nachstellung von Kriegen zunächst auf eskapistische Abenteuergeschichten und bellizistische Propaganda. Bis zu dem Bruch, den 1930 „Im Westen nichts Neues“ markierte, der US-Film eines gebürtigen Moldauers (Lewis Milestone), basierend auf dem pazifistischen Roman eines deutschen Weltkriegsveteranen (Erich Maria Remarque), produziert von einem jüdischen Hollywood-Exilanten (Carl Laemmle) aus Oberschwaben. Das Gründungswerk eines ganzen Genres war geboren, der Antikriegsfilm, auch wenn bis heute darüber gestritten wird, ob es einen solchen überhaupt geben kann, insofern sich aus geschützter Zuschauerperspektive jeder noch so große Schrecken goutieren lässt.

Die inzwischen dritte Verfilmung ist nun nicht nur die erste aus Deutschland, wo die Vorführung des amerikanischen Originals vor 92 Jahren Störaktionen durch SA-Truppen provozierte. Sie ist auch die mit dem radikalsten „realistischen“ Anspruch, den sie primär durch ultra-brutalen Body Horror herstellt. Die Soldaten werden in luzider Optik nahezu pausenlos beschossen. Blut und Gedärme strömen hervor. Gliedmaßen fliegen herum. Panzer zerquetschen menschliche Leiber. Kriegsgefangene werden lebendig verbrannt. Leichenberge türmen sich nach Gasangriffen in Ruinen.

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