Zwischen Siena und Florenz. Burg mit Blick auf Weinberge und Olivenhaine.
International

Traditionsdomizile mit Türmen, Zinnen und Zimmerfluchten

Von Burgen im Chianti bis zu ungarischen Kopien.

Dass sie leicht zu heizen sind, kann man von Schlössern und Burgen nicht gerade behaupten. Auf der anderen Seite bringen sie durch die meist dazugehörenden Ländereien eine Autarkie mit, die derzeit besonders geschätzt wird. Zumal dann, wenn Wald dabei ist, dessen Holz – Borkenkäfer hin, Borkenkäfer her – für zusätzliche Wärme sorgen kann. Die Schlösser in südlicheren Gefilden werden und wurden dagegen eher als schattige Rückzugsorte geschätzt. Eigenschaften, die gekoppelt mit der Angst vor Inflation auch weiterhin für eine gute Nachfrage nach den historischen Objekten sorgen, die schon mehr Krisen überstanden haben als alle anderen säkularen Bauwerke. Ein Blick auf das internationale Angebot mit Türmen, Zinnen und Zimmerfluchten.

Burg in der Toskana

Für traditionsaffine Toskana-Fans ist aktuell beispielsweise ein Anwesen zwischen Siena und Florenz auf dem Markt, von dem aus auch San Gimignano in einer halben Stunde erreichbar ist. Die Burg samt Türmen und Zinnen thront auf der Spitze eines Hügels mit 360-Grad-Ausblicken über die Weinberge und Olivenhaine des Chianti und gruppiert sich im Oval rund um einen großen Innenhof, der unter anderem für Konzerte und Hochzeiten genutzt wird – zumal auch eine eigene Kapelle gleich außerhalb der Burgmauern zu finden ist.

Im Inneren stehen im Erdgeschoß Salons und Aufenthaltsräume sowie eine Gastro-Küche, sanitäre Anlagen und Vorratsräume zur Verfügung. Im Mezzanin sowie dem ersten und zweiten Stock gibt es nicht weniger als 25 Schlafzimmer und 33 Bäder sowie eine Bibliothek und andere Wohnsalons, in denen sich schöne Bögen, Steinböden, antike Wandteppiche und offene Kamine finden.

Erstmals erwähnt wurde die Burganlage im elften Jahrhundert, zuletzt restauriert 1987 vom derzeitigen Besitzer mit allen Zutaten des echten Toskana-Stils: Terracotta-Böden, frei liegenden Holztramen und rohen Steinwänden. Vor den schweren Originaltüren gehören die noch gut erhaltenen Rampen zu den eher martialischen Highlights der Wehranlage; auf der komfortableren Seite ein moderner Swimmingpool mit großen Ausblicken. Und über 90 Hektar Land, darunter zwölf Hektar Weinberge und 30 Hektar Olivenhaine. Vermittelt wird das Anwesen über Christie's International Realty, den Preis gibt es nur auf Anfrage.

Ungarisches Versailles

Beim „Ungarischen Versailles“, das derzeit in der Nähe von Budapest zum Verkauf steht, ist dieser dagegen kein Geheimnis: Genau 10,625 Millionen Euro sind dafür aufgerufen. Dafür bekommen die künftigen Besitzer neben dem Schloss auch noch edle Stallungen für Rennpferde dazu. Der entsprechende Stall mit acht Boxen hat nicht nur moderneste Technik für die Vierbeiner, sondern bietet ihnen durch den renovierten Barockstil eine noble Unterbringung. Aber auch den künftigen menschlichen Bewohnern wird es stilistisch an nichts mangeln: Teile der über 3100 Quadratmeter Wohnfläche des 1905 errichteten Schlosses sind in den Lieblingsfarben Bourbonenblau, Grün und Rot Ludwigs XIV. gehalten, um an das Schloss von Versailles zu erinnern. Auch bei dem Mobiliar wurde die Mutter aller Schlösser aufwendig kopiert, denn alle Suiten des derzeit als Schlosshotel genutzten Anwesens sind mit authentischen goldenen Repliken von Mathieu-Konsolen und Kristallleuchtern ausgestattet, die sonst ausschließlich im Schloss von Versailles zu finden sind. Die gesamte Innenarchitektur wurde von dem preisgekrönten Interieur-Designer Herrery M. Caesar verantwortet, darunter auch zwölf getäfelte und marmorne Kamine in den größeren Räumen. In den weitläufigen Sälen des Schlosses finden sich jede Menge Renaissance- und Barockelemente sowie aufwendige Intarsienböden. Zu den modernen Annehmlichkeiten gehören neben einem Lift auch ein Pool und ein Wintergarten; auf dem fast 60.000 Quadratmeter großen Grund gibt es darüber hinaus noch Jagdhütten und -gelegenheiten. Vermittelt wird das Schloss mit Ecktürmen, einem Hauptgebäude und einem Seitentrakt über Sotheby's Wien.

Château in der Provence

Wer größeren Wert auf Authentizität legt, kann alternativ auch ein echtes französisches Schloss erwerben. Das Château de la Verdière im Naturpark Verdon, das mit einer tausendjährigen Geschichte und nicht weniger als 120 Schlafzimmern aufwarten kann. Die sich über 5000 Quadratmeter Wohnfläche und fünf Ebenen verteilen und durch fünf Stiegenhäuser und einen Lift verbunden sind. Das Gebäude sowie der Park stehen unter Denkmalschutz; das Innere wurde kürzlich farbenfroh restauriert. In dem von einer Mauer eingefassten, 16 Hektar großen Park gibt es zu den diversen Teichen auch zwei Swimmingpools, eine olympische Pferderennarena, einen Hubschrauberlandeplatz und etliche Nebengebäude, darunter mehrere Küchen und einen professionellen Wellness-Bereich. Acht Hektar sind terrassenförmig angelegt und damit auch für den Weinbau geeignet. Vermittelt wird das Anwesen über Engel&Völkers, der Preis liegt bei 18 Millionen Euro.

Burg in Sachsen

Bei einer prächtig renovierten Burg im südlichen Sachsen gibt es auf dem rund 30.000 Quadratmeter großen, teils naturbelassenen, teils parkartig angelegten Grund nicht nur einen Weiher und eine Uferlinie zum angrenzenden Fluss unterhalb der Anlage, sondern auch einen echten Burggraben. Erbaut vermutlich im Mittelalter, umgebaut in der Renaissance, hat das Gebäude heute knapp 1000 Quadratmeter Wohnfläche, die sich auf 20 Zimmer verteilen. In denen sich eine geschmackvolle Mischung aus – wenigen – originalen und neuen Elementen und Möbeln findet, die für ein wohnliches Ambiente sorgt. Zu den Wohn- und Schlafräumen gehören unter anderem auch acht Gästezimmer und ein Rittersaal. Im Innenhof gibt es nicht nur einen Laubengang, sondern auch einen stilechten Zutritt mit einer Brücke über den Burggraben. Außerdem finden sich auf dem Gelände ein Gewerbe- und ein frei stehendes Garagengebäude. Mit der Vermarktung ist die deutsche Vermittlung historischer Immobilien OHG beauftragt, der Kaufpreis liegt bei 3,85 Millionen Euro. (sma)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2022)

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