Interview

Sergei Loznitsa: „Kulturkämpfe bringen der Ukraine nichts“

Siegessicher: Der Regisseur Sergei Loznitsa in Cannes, bei der Vorstellung seines Archivfilms „The Natural History of Destruction“ im Mai.
Siegessicher: Der Regisseur Sergei Loznitsa in Cannes, bei der Vorstellung seines Archivfilms „The Natural History of Destruction“ im Mai.CHRISTOPHE SIMON/picturedesk
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Als Künstler zählt er zu Russlands schärfsten Kritikern, doch sein Nein zum Kulturboykott sorgt in der Ukraine für Unmut. Sergei Loznitsa – in Belarus geboren, in Kiew aufgewachsen, in Moskau ausgebildet – polarisiert. Ein Gespräch.

Die Presse: Nebst Ihrer Tätigkeit als Spiel- und Dokumentarfilmregisseur sind Sie bekannt für Kompilationsfilme, die brisantes Archivmaterial aufbereiten. Heuer laufen zwei davon bei der Viennale, darunter „The Natural History of Destruction“. Dessen Titel verweist auf einen Essay von W. G. Sebald. Was hat Sie daran fasziniert?

Sergei Loznitsa: Sebald beschäftigte sich mit seinem Eindruck, dass der Nachkriegsdiskurs um die Bombardierung deutscher Städte durch die Alliierten nicht mit dem übereinstimmte, was passiert war. Für mich werfen seine Überlegungen eine Grundsatzfrage auf: Können wir auf Basis eines Konzepts wie „Kollektivschuld“ Städte zerstören, die Zivilbevölkerung der Feinde töten? Ist diese Rechtfertigung moralisch zureichend? Derzeit sind wir beim russischen Bombardement der Ukraine wieder an diesem Punkt.

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