Brasilien

Was der Wahlsieg von Lula für den Regenwald bedeutet

Ein Luftbild zeigt eine abgeholzte Fläche des Amazonas-Regenwaldes in Manaus.
Ein Luftbild zeigt eine abgeholzte Fläche des Amazonas-Regenwaldes in Manaus.REUTERS
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Allein im September sind rund 1455 Quadratkilometer an Fläche des Regenwaldes vernichtet worden. Offen bleibt, ob Lula da Silva als Präsident eine Trendwende einleiten kann. Versprochen hätte er es.

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf hat der linke Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva die Präsidentenwahl in Brasilien knapp gewonnen. Der frühere Staatschef kam in der Stichwahl auf 50,90 Prozent der Stimmen. Der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt demnach 49,10 Prozent. Nun will Lula ein extrem gespaltenes Brasilien versöhnen. "Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren", sagte er in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo.

Eine der Streitfragen im gespaltenen Land, ist die Nutzung bzw. der Schutz des riesigen Amazonasgebiets. Wegen der Bedeutung des Regenwaldes für das Klima hat die brasilianische Präsidentschaftswahl auch einen Einfluss auf die ganze Welt.

Der linke Wahlsieger Luiz Inácio Lula da Silva, hat versprochen, den Umwelt- und Klimaschutz künftig zu stärken. Der bei der Wahl unterlegene Bolsonaro sieht in dem Gebiet vor allem das wirtschaftliche Potenzial. Er wollte weitere Flächen für Landwirtschaft und Bergbau erschließen.

Zahlen zu Flächenrückgang

Landwirtschaftsunternehmen und Bauern konnten unter Präsident Bolsonaro ihre Rodungen beinahe ungehindert fortsetzen. Im brasilianischen Amazonasgebiet sind allein im September 2022 rund 1455 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt worden. Dies geht aus Zahlen des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (Inpe) vom Freitag hervor. Der Wert bedeutet dem brasilianischen Nachrichtenportal "G1" zufolge eine Steigerung um fast 50 Prozent im Vergleich zum September des vergangenen Jahres, es sei der höchste Wert für einen September seit 2015.

Das Inpe wertet Satellitenbilder aus und schließt so auf die Veränderungen des Waldes. Einen ähnlich hohen September-Wert gab es auch 2019 - im ersten Jahr von Jair Bolsonaro als brasilianischem Präsidenten. Er geriet unter anderem wegen verheerender Brände im Amazonasgebiet international in die Kritik. "Bolsonaro war schließlich der Präsident, der bis heute stolz darauf ist, die Umweltüberwachung abgeschafft zu haben", hieß es in einer Mitteilung des Klima-Thinktank Observatório do Clima.

Und die Waldbrandgefahr hat weiter zugenommen. Nach Angaben der brasilianischen Weltraumbehörde Inpe wurden mit Satellitenbeobachtung vom 1. Jänner bis 18. September 2022 rund 75.592 Brandherde in dem Regenwald identifiziert. Im Vorjahr waren es insgesamt 75.090 Feuer. "Diese Waldbrände sind eine angekündigte Tragödie", sagte André Freitas, Sprecher der Umweltorganisation Greenpeace in Brasilien.

Die vier Jahre Amtszeit des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro seien eine der dunkelsten Zeiten für die Umwelt gewesen. Umwelt- und Klimaschützer machen für die Zunahme von Bränden direkt die Politik des rechtsradikalen Präsidenten verantwortlich, dem sie eine Begünstigung illegaler Rodungen vorwerfen. Seit Bolsonaros Amtsantritt im Jänner 2019 ist die durchschnittliche jährliche Abholzung im brasilianischen Amazonas-Gebiet um 75 Prozent im Vergleich zum vorherigen Jahrzehnt gestiegen.

Bolsonaros Politik habe tiefe Spuren hinterlassen, analysiert Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte und Experte für Handelsabkommen bei Greenpeace. So seien zum Beispiel die Budgets für die Umweltbehörde oder für die Behörde zum Schutz von indigenen Gemeinschaften in den letzten Jahren „regelrecht ausgehungert“ worden. Verstöße gegen Umweltgesetze seien strafrechtlich oft gar nicht verfolgt worden. „Die Erwartungen an den neuen Präsidenten sind groß.”

Der Hendelspakt EU-Mercosur könnte durch Lula da Silva auch einen Schritt näher rücken. Die Umweltschutzorganisation steht dem Abkommen ablehnend gegenüber, nennt den von Bolsonaro verhandelten Deal „zerstörerisch“ bzw. „verheerend“. „Der europäische Markt würde etwa mit Dumping-Fleisch und Billig-Zucker überschwemmt werden. Noch dazu würde der Pakt die Zerstörung des Amazonas und anderer wertvoller Ökosysteme antreiben, da durch den zusätzlichen Rindfleischexport nach Europa wiederum mehr Weideflächen in Brasilien benötigt werden”, befürhctet Theissing-Matei.

Und auch Lula hat in seinen vergangenen Amtszeiten mit Projekten von sich Reden gemacht, die von Umweltschützern bzw. der indigenen Bevölkerung heftig kritisiert wurden - etwa der Staudamm „Belo Monte“. Außerdem hat es der neu gewählte Präsident sowohl im Senat als auch im Kongress mit einer rechts-konservativen Mehrheit zu tun. Er muss also Zugeständnisse machen, um seine Präsidentschaft politisch abzusichern.

(APA/AFP/Red.)


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