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Elon Musk vorerst Solo-Chef bei Twitter

Der neue Twitter-Chef Elon Musk plant gebührenpflichtige Accounts.
Der neue Twitter-Chef Elon Musk plant gebührenpflichtige Accounts. Reuters / Dado Ruvic
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Tesla-Chef Elon Musk löste das Direktorium von Twitter nach dessen Übernahme auf. Musk ist nun alleiniger CEO.

San Francisco. Er sammelt Chefposten wie andere Leute Briefmarken: Kurz nach dem Kauf von Twitter übernimmt Elon Musk auch bei dem Kurznachrichtendienst die Führung, wie aus einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht vom Montag hervorgeht. Er leitet bereits den Elektro-Autobauer Tesla, die Weltraumfirma SpaceX, das Gehirnchip-Start-up Neuralink und den Tunnelbauer Boring Company.

Musk löste einer weiteren Pflichtmitteilung zufolge außerdem das Twitter-Direktorium auf. Die neun bisherigen Direktoren einschließlich Verwaltungsratschef Bret Taylor hätten ihre Posten nicht mehr inne. Der Verwaltungsrat von US-Konzernen ist eine Mischung aus Vorstand und Aufsichtsrat, wie es sie bei österreichischen Aktiengesellschaften gibt. Zu den Aufgaben des Gremiums gehören unter anderem Auswahl, Beratung und Kontrolle des Spitzenmanagements sowie grundlegende Entscheidungen über die Ausrichtung und Entwicklung des Unternehmens.

Diese Maßnahme sei aber „nur vorübergehend“, schrieb er auf Twitter. Am Wochenende hatte er dort moniert, dass bei dem Kurznachrichtendienst auf einen Programmierer gefühlt zehn Manager kämen. Der Kurznachrichtendienst wollte sich zunächst nicht zu der Frage äußern, wie lang Musk Twitter-Chef sein oder ob er jemand anderen ernennen werde.

Nach einem monatelangen Tauziehen ist der als exzentrisch geltende reichste Mann der Welt seit ein paar Tagen offiziell der Eigentümer des Social-Media-Netzwerks, das er sich 44 Milliarden Dollar (44,38 Mrd. Euro) kosten ließ. Unmittelbar danach feuerte Musk Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chef-Justiziarin Vijaya Gadde.

Streit um gefälschte Accounts

Musk hatte den Twitter-Führungskräften vorgeworfen, ihn und die Investoren über die Zahl gefälschter Konten auf der Social-Media-Plattform getäuscht zu haben. Nach offiziellen Angaben sind weniger als fünf Prozent „FakeAccounts“. Im Streit um die Unterlagen hatte Musk gedroht, die im Frühjahr verkündete Übernahme deswegen ganz abzublasen.

Der „Washington Post“ zufolge beschränken sich die Entlassungen nicht auf das Topmanagement. Es stünde ein Viertel der rund 7000 Stellen bei Twitter zur Disposition. Die „New York Times“ berichtete, Musk drücke bei den Entlassungen auf die Tube, um die Auszahlung von Aktienoptionen zu umgehen. Stichtag sei der 1. November. „Das ist falsch“, entgegnete der selbst ernannte „Chief Twit“ auf Twitter. Der Kurznachrichtendienst war für einen Kommentar zu diesem Thema nicht zu erreichen.

Wird Twitter kostenpflichtig?

Musk, der sich bei der US-Börsenaufsicht offiziell als „Technoking of Tesla“ registrieren ließ, hat innerhalb weniger Tage Twitter bereits seinen Stempel aufgedrückt. Insidern zufolge nehmen seine Vertrauten die Twitter-Software unter die Lupe. Außerdem soll die Verifizierung von Nutzerkonten überarbeitet und kostenpflichtig gemacht werden. Twitter bietet mit „Twitter Blue“ bereits ein Bezahl-Angebot mit Premium-Funktionen, zu denen die nachträgliche Bearbeitung von Tweets zählt. Musk will Twitter unabhängiger von schwankungsanfälligen Werbeeinnahmen machen. Außerdem sieht er darin eine Möglichkeit, die Zahl von Fake-Accounts zu reduzieren.

Vor diesem Hintergrund fragte Horrorbuch-Autor Stephen King per Twitter, warum er 20 Dollar monatlich zahlen solle, nur um das Verifizierungssiegel für seinen Account zu behalten. Darauf entgegnete Musk: „Wie wäre es mit acht Dollar?“

Der neue Twitter-Eigner will außerdem die internen Regeln für die Löschung von Einträgen und die Sperrung von Nutzerkonten lockern. So soll auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump wieder zurückkehren dürfen. Sein Account war nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol Anfang 2021 dauerhaft gesperrt worden. Der republikanische Präsident hatte seine Politik während seiner Amtszeit vorzugsweise per Twitter erläutert.

Musk gilt als großer Verfechter absoluter Meinungsfreiheit. Global geltende Regeln dazu gibt es nicht. Doch seit diesem Monat ist der EU-Rechtsakt für digitale Dienste (DSA) in Kraft und gibt der Europäischen Kommission beispiellose Befugnisse zur Überwachung von Technologieplattformen, indem sie von ihnen verlangt, illegale Inhalte zu entfernen, die von terroristischer Propaganda bis hin zu Werbung für unsicheres Spielzeug reichen. Das wird Musk noch Kopfzerbrechen bereiten.

IN ZAHLEN

44 Mrd. Dollar ließ sich Elon Musk die Twitter-Übernahme kosten.

204 Mrd. Dollar umfasst Musks Vermögen. Dabei entfällt der Großteil auf Tesla-Aktien und Optionen auf die Weltraumfirma SpaceX. Damit gilt er als der reichste Mensch der Welt.

112 Millionen Menschen folgen dem Unternehmer auf Twitter.

(Reuters)

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