Zinserhöhungen

Schweiz: Rekordverlust für Notenbank

Allein der Kampf gegen die Aufwertung des Franken sorgte für 24,4 Mrd. Verlust bei der Schweizer Notenbank.

Zürich. Zinserhöhungen und die Franken-Aufwertung haben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) einen Rekordverlust eingebrockt. In den ersten neun Monaten 2022 verzeichnete die Notenbank einen Verlust von 142,4 Milliarden Franken, wie die Zentralbank mit Sitz in Bern und Zürich am Montag mitteilte. Das ist der höchste Fehlbetrag seit der Gründung der Schweizer Zentralbank im Jahr 1907. In der Vorjahresperiode hatte die SNB noch einen Gewinn von 41,4 Milliarden Franken ausgewiesen.

Vor allem die riesigen Fremdwährungsbestände im Zuge der Devisenkäufe zur Vermeidung eines zu starken Franken führten zu dem Rekordverlust: Sie brockten der Notenbank einen Fehlbetrag von 141 Milliarden Franken ein. Allein schon die Aufwertung der Landeswährung sorgte für einen Wechselkursverlust von 24,4 Milliarden Franken. Hinzu kamen hohe Kursverluste bei Zins- und Beteiligungspapieren während der jüngsten Marktturbulenzen. Der Goldbestand verlor 1,1 Milliarden Franken an Wert.

Konkurs droht keiner

Das Ergebnis der SNB ist abhängig von den Wertschwankungen ihrer Hunderte Milliarden Franken schweren Devisenreserven, die auch in Aktien und Anleihen im Ausland angelegt sind. Die Notenbank hatte jahrelang Fremdwährungen gekauft, um eine wirtschaftsschädliche Aufwertung des in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragten Franken zu unterbinden.

„Diese Verluste mögen nach viel klingen, aber die SNB ist kein normales Unternehmen“, sagte UBS-Ökonom Alessandro Bee. „Das Problem ist das stagflationäre Umfeld, in dem Aktien verlieren, Anleihen verlieren, Gold verliert und der Schweizer Franken stärker wird.“ Üblicherweise würden Anleihen und Gold an Wert gewinnen, wenn die Aktienbörsen nachgeben, doch dies sei im laufenden Jahr anders. Konkurs drohe der SNB jedenfalls nicht. Die Notenbank werde immer liquide sein, solang es Nachfrage nach Franken gebe.

Heuer keine Ausschüttung

Der Verlust der Notenbank könnte allerdings dazu führen, dass Bund und Kanton im kommenden Jahr weniger oder gar kein Geld von der Zentralbank erhalten. Heuer hatte die SNB insgesamt sechs Milliarden Franken an die öffentliche Hand ausgeschüttet, nachdem sie das Jahr 2021 mit einem Gewinn von 26,3 Milliarden Franken abgeschlossen hatte. Viele Kantone planen die Ausschüttungen meist ein.

Die SNB hatte angesichts des Inflationsdrucks im Juni die Zinswende eingeleitet und im September die Ära der Negativzinsen hinter sich gelassen. Anhaltend massive Verluste könnten das Eigenkapital der Bank aufzehren. Ende September betrug es noch 55,9 Milliarden Franken nach 204,2 Mrd. Ende 2021. Vizepräsident Martin Schlegel hatte jüngst in einem Zeitungsinterview erklärt, dass die SNB ihre Aufgabe auch mit negativem Eigenkapital erfüllen könne. „Dennoch ist es wichtig, dass wir genug Eigenkapital haben“, sagte Schlegel dem Fachblatt „Finanz und Wirtschaft“. „Es hilft der Glaubwürdigkeit einer Zentralbank, wenn sie gut kapitalisiert ist.“ Die Anlagepolitik der Notenbank sei mittel- bis langfristig ausgerichtet und langfristig erwarte die SNB eine positive Rendite.

In den vergangenen Jahren musste die SNB auch schon große Verluste vermelden. Doch insgesamt hat die Notenbank seit 2010 deutlich mehr verdient als verloren: insgesamt rund 165 Mrd. Franken bis Ende des Jahres 2021.

(Reuters)

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