Nach langem Zögern verspricht der abgewählte Staatschef Bolsonaro, den Sieg des linken Kandidaten Luiz Inácio Lula da Silva nicht zu beeinspruchen. Zuvor hatten Getreue des Verlierers wichtige Verkehrswege blockiert.
Chaos, Hyperaktivität und Funkstille. Das sind die drei Begriffe, die Brasiliens Situation am Montag und Dienstag exakt beschrieben. Mit 271 Straßensperren versuchten Lkw-Fahrer, die Versorgung des Landes zu unterbrechen, um den Übergang des Landes in die Hände des am Sonntag mit knapper Mehrheit gewählten Luiz Inácio Lula da Silva zu verhindern. Dieser empfing nach der Wahl früh morgens den argentinischen Präsidenten Alberto Fernández – einen alten Freund, der Lula auch besucht hatte, als dieser noch im Gefängnis von Curitiba einsitzen musste. Und im Laufe des Tages begann Lula mit der Zusammenstellung seiner Übergangsregierung. Er schickte Emissäre aus, um mit den Abgeordneten im Kongress nach Möglichkeiten zu suchen, seine wichtigsten Wahlversprechen so schnell wie möglich umzusetzen: die Erhöhung des Mindestlohns und die Beibehaltung der von seinem Vorgänger Jair Bolsonaro vor der Wahl verdreifachten Sozialhilfe für die 20 Millionen ärmsten Brasilianer. Sie bekommen nun etwa 110 Euro pro Monat vom Staat. Noch ist im Budget weder für das eine noch für das andere Platz.
Das lange Schweigen Bolsonaros
Während die Kameras der Nachrichtenkanäle Lula hier und dort einfingen und dazwischen die Bilder vom Wahlabend wiederholten, konnten sie von Bolsonaro zunächst nur wenig mehr zeigen als eine Zoom-Aufnahme, die ihn beim Betreten des Präsidentenpalastes zeigt. Bolsonaro hatte am Sonntag gut 58 Millionen Stimmen bekommen, mehr als bei seinem Wahlsieg vor vier Jahren. Doch das reichte nicht aus, damit er sich eine zweite Regierungsperiode sichern konnte. Deshalb entschied sich Bolsonaro zunächst dafür zu schweigen. Die Nachrichtenportale änderten ständig die Stundenzahl in ihren Überschriften, die lauteten: Schon so und so viele Stunden Schweigen im Präsidentenpalast.