Justizministerin denkt nicht an Rücktritt

OGH-Kritik. Bei sechs „Bawag-Verurteilten“ wurden die Sprüche ganz aufgehoben.

Wien/M.s. Wolfgang Flöttl, jener Mann, der als „Hochrisiko-Spekulant“ viel Geld der Bawag in den Sand der Karibik gesetzt hat, kann erleichtert aufatmen: Bei dem in New York lebenden Sohn des einstigen Bawag-Chefs Walter Flöttl folgte das Höchstgericht der Forderung der Generalprokuratur und hob die erstinstanzliche Untreue-Verurteilung zur Gänze auf.

Der Fall „Flöttl“ wurde damit an das Erstgericht, also das „Graue Haus“ in Wien, zurückverwiesen. Nicht nur dieser Fall: Auch bei Ex-Bawag-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger, den Ex-Bawag-Vorständen Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker sowie auch beim Bankenprüfer Robert Reiter hob der OGH die Untreue-Verurteilungen auf.

Selbst bei Helmut Elsner und bei Johann Zwettler fielen weite Teile des von der seinerzeitigen Prozessleiterin Claudia Bandion-Ortner, der nunmehrigen Justizministerin, geschriebenen Urteils weg. Bei Elsner reduzierte der OGH den Schaden von 1,7 auf 1,2Milliarden Euro, bei Zwettler von 900 auf 600Millionen. Ferner wurden bei Elsner auch Verurteilungen wegen schweren Betruges (Erschleichen einer Pensionsabfindung) und wegen Bilanzfälschung aufgehoben. Bei ihm und Zwettler ist aber jedenfalls mit einem Verzicht auf eine weitere Verfolgung zu rechnen. Bei Elsner insbesondere deshalb, da dieser ohnedies bereits – auch bei reduzierter Schadenssumme – die Höchststrafe bekam.

„Mehr Schaden als Karenzgeld“

OGH-Senatsvorsitzender Rudolf Lässig erklärte, dass das Bandion-Ortner-Urteil etliche „Fehler“ enthielte. Vor allem im Fall „Büttner“. Auch wäre mehrfach nicht einmal festgestellt worden, worin überhaupt der objektive Sachverhalt bestehe. Ferner wären – unter anderem bei Elsner – Anklagepunkte im Urteil aufgegriffen worden, die bei dessen Auslieferung aus Frankreich gar nicht vom europäischen Haftbefehl umfasst gewesen waren. Diese Bereiche hätten daher nie im Urteil erfasst werden dürfen. Und auch der damalige Staatsanwalt Georg Krakow, der heutige Kabinettschef von Bandion-Ortner, wurde vom OGH hart kritisiert: Demnach habe Krakow in seinem Rechtsmittel das Urteil mit Argumenten angefochten, die im Gesetz gar nicht vorgesehen seien.

Bandion-Ortner selbst stellte sich nach Urteilsverkündung den Medien – und beteuerte, nicht an Rücktritt zu denken. Sie unterstrich mehrmals, dass das Urteil „beim Hauptangeklagten Elsner“ im Großen und Ganzen gehalten habe. Die vom OGH errechnete Schadenssumme im Fall Elsner sei immerhin „mehr als das Karenzgeld“, das Österreich in einem Jahr ausschütte. Und mehr, als dem Justizressort in einem Jahr zur Verfügung stehe. Bandion-Ortner blieb dabei: „So mangelhaft kann das Ersturteil nicht sein, wenn der Hauptangeklagte die Höchststrafe ausgefasst hat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2010)

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