Telegraph Yards: Apartments im einstigen Telegrafenamt an der Zollergasse.
Toplagen

Welche Grätzel und Bezirke in Wien wieder erwachen

Innerstädtisch gilt die Faustregel: „Je näher am Ersten, desto besser“. Wobei auch jene Edel-Bezirke im Grünen äußerst begehrt sind. Ein Überblick.

Eins, zwei bis neun, 13, 18, 19 sind die magischen Zahlen, wenn es um die Toplagen in der Stadt geht. In diesen Bezirken werden die höchsten Preise pro Quadratmeter verlangt und auch gezahlt; hier suchen Entwickler nach Objekten, die sich in entsprechend teure Quadratmeter verwandeln und dann vermarkten lassen. Wobei nicht alle Edel-Bezirke immer gleich gut unterwegs sind: Einmal stehen besonders die innerstädtischen Lagen im Vordergrund, einmal jene im Grünen – und auch innerhalb der jeweiligen Bezirke gibt es naturgemäß solche und solche.

Neue Lagen, alte Grenzen

Das Botschaftsviertel im Dritten lässt sich definitiv nicht mit anderen Lagen im Bezirk vergleichen – 1030 hin oder her. Und dass man sogar im Zehnten seit einer Weile mehr als 10.000 Euro für den Quadratmeter Wohnfläche zahlt, stimmt für die schicken Türme am Hauptbahnhof, aber auch nur dort. Wobei die Entfernungen gar nicht immer so groß sein müssen: In den kleineren innerstädtischen Bezirken gilt die Faustregel „Je näher am Ersten, desto besser“, weshalb beispielsweise im Siebten alles ab der Neubaugasse in Richtung Gürtel weniger attraktiv und damit günstiger ist als die Lagen in Richtung Ring, wie etwa der Spittelberg oder das Museumsquartier. Und selbst der Erste hat seine guten und sehr guten Lagen – die sich unter anderem auch durch neue Projekte mit entsprechender Strahlkraft entwickeln können. Wie etwa das Textilviertel, das in den vergangenen Jahren unter anderem durch den Börseplatz 1 und die Cotton Residence aufgewertet worden ist.

Das Luxus-Objekt „Villa Nobilis“ in Hietzinger Bestlage.
Das Luxus-Objekt „Villa Nobilis“ in Hietzinger Bestlage./ Marschall Immobilien

Auf die magische Kraft der 1010 sollten sich Verkäufer und Entwickler dabei allerdings nicht mehr allzu sehr verlassen, denn die übt längst nicht mehr auf alle Interessenten im Luxus-Segment jene Anziehung aus wie noch vor ein paar Jahren. Zum einen bleiben immer mehr jüngere Käufer davon mächtig unbeeindruckt, aber ganz grundsätzlich ist sie für die heimische Klientel nicht mehr ganz so ausschlaggebend, wie Kristina Giacomelli, Inhaberin von Sangreal Properties, weiß: „Das Postleitzahldenken weicht vor allem bei den Kunden aus Österreich, aber auch Deutschland langsam auf. Für Käufer, die aus dem Ausland kommen, muss es allerdings oft noch der Erste sein“, so die Maklerin. Was sie darauf zurückführt, dass Österreicher oft nicht (mehr) so prestigelastig, sondern eher werthaltig denken und auch die Bezirke besser kennen.

Aufstrebendes Kanalufer

PREISE

Das hat unter anderem dazu geführt, dass manche Lagen in den Bezirken zwei bis neun teils mächtig angezogen haben – sowohl bei der Nachfrage als auch bei den Preisen. „Beispielsweise hat sich der dritte Bezirk rund um den Rochusmarkt gut entwickelt“, berichtet Johannes Endl, Örag-Vorstand Immobilienvermittlung, „wie auch die zentrumsnahen Teile des Vierten.“ Peter Marschall, Inhaber vom Marschall Immobilien, sieht außerdem die Lagen entlang des Kanals grundsätzlich im Aufwind: „Besonders die auf der ,anderen Seite‘, wo jetzt das Artmann von Cuubuus und das UBM-Projekt (das Leopold-Quartier, Anm.) entstehen“, so der Makler. Im Ersten werden für hochwertige, neue Quadratmeter im Regelgeschoß mindestens 14.000, am Dach mindestens 18.000 und für besonders schöne Einheiten 25.000 bis 30.000 Euro aufgerufen. In den Wiener Bezirken zwei bis neun liegen sie im Durchschnitt um 15 bis 20 Prozent darunter, teils aber auf gleichem Niveau. Und in den Grünbezirken beginnen die Preise bei 8000 Euro, der Schnitt liegt bei 10.000 bis 14.000 Euro.

„Diese Lagen, die früher durch ihre Lage an der Hauptverkehrsader nicht so gefragt waren, rücken immer mehr an den Ersten heran, zumal sie auch durch die Gastronomie aufgewertet wurden.“ Den Trend zum Wasser bestätigt auch Endl, „auch wenn Wien ja lang eine vom Wasser abgewendete Stadt war“. Zumal in den neuen Lagen entlang des Kanals jetzt noch ein weiterer Faktor hinzukomme, der vorher im Segment der Hochpreis-Immobilien vernachlässigbar war: das Thema Nachhaltigkeit, vor allem Energie, so der Örag-Vorstand. Und bei dieser Problematik haben neue Projekte am Kanal einen Vorteil durch die Wasserkraft, den sie auch einsetzen: So nutzen beispielsweise das Triiiple und das Artmann den Kanal zur Energiegewinnung, auch das Leopold-Quartier soll durch die Nutzung von Geothermie und Fotovoltaik im Betrieb CO2-frei werden.

Grüne Bezirke

Neben dem Interesse an grünen Energien ist aber nach der Pandemie auch der Wunsch nach dem Wohnen im Grünen deutlich gestiegen. Was unter anderem den klassischen Einserlagen im 18. und 19., etwa nahe dem Türkenschanzpark. Allerdings, so Endl, spiele der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel wieder eine größere Rolle. „Bei den klassischen Villenlagen merken wir, dass jene bevorzugt werden, die man gut öffentlich erreichen kann, weil das Verkehrsthema ebenfalls immer wichtiger wird.

Etwa jene Lagen entlang der 43er-Straßenbahn.“ Eine Entwicklung, die unter anderem auch damit zu tun hat, dass sich die Käufer und Besitzer der Nobelvillen fraglos ein beziehungsweise mehrere Autos und die dazugehörigen Stellplätze leisten können – die Nanny oder anderes Hauspersonal dagegen nicht immer. Was in Zeiten, in denen „gutes Personal so schwer zu bekommen ist“, um den alten Stoßseufzer zu zitieren, noch einmal an Bedeutung gewinnt.

Erwachen in Hietzing

Und manche Lagen haben einfach eine Weile im Dornröschenschlaf gelegen und erwachen dann plötzlich wieder – bevorzugt dann, wenn der Wind gerade günstig steht. Das lässt sich aktuell im 13. beobachten, in den nach Jahren des Stillstandes frisches Leben einzieht. Denn in der letzten Dekade hatten die beiden anderen Bezirke des Dreigestirns 13/18/19 Hietzing deutlich abgehängt, sowohl was die Anzahl an Projekten als auch die Preise anging. Diese lagen hier bis zu 20 Prozent unter jenen im Norden – was aber von überschaubarere Bedeutung war, weil es sowieso nichts gab.

350 Quadratmeter zur Miete im Stilaltbau direkt gegenüber der Votivkirche.
350 Quadratmeter zur Miete im Stilaltbau direkt gegenüber der Votivkirche./ Örag

Seit zwei, drei Jahren tut sich allerdings wieder einiges: Begonnen hat das neue Leben mit den „Crowned by Chipperfield“ Häusern, gefolgt vom Park-Projekt „Floriette“ an der Jagdschlossgasse. Heuer sind dann mit dem Projekt „Stock am Weg“ und der „Villa Nobilis“ an der Hietzinger Hauptstraße zwei weitere dazu gekommen, was die Anzahl der Luxus-Projekte im 13. deutlich größer macht als die im Ersten, wo derzeit außer den Eigentumswohnungen in den Hotelprojekten Mandarin Oriental und Almanac nichts Neues auf den Markt gekommen ist.

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Serie "Grätzeltouren"

Mit „Die Presse“ unterwegs auf Grätzelspaziergang.

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