Mineralogie

Die Analysefähigkeit schulen

Die bunte und komplexe Welt der Kristalle, Gesteine und Minerale zu erforschen ist Ziel diverser Mineralogie-Ausbildungen.
Die bunte und komplexe Welt der Kristalle, Gesteine und Minerale zu erforschen ist Ziel diverser Mineralogie-Ausbildungen.Luigi Caput
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Heuer wird das internationale Jahr der Mineralogie begangen. Als eigene Studiendisziplin gibt es dieses Fach allerdings nicht, doch Spezialisten haben gute Job-Aussichten.

Die Deutsche Mineralogische Gesellschaft definiert Mineralogie als „eine materialbezogene Geowissenschaft. Sie erforscht die chemischen, physikalischen und biogenetischen Eigenschaften der Materie und deren Rolle in den Prozessen des Sonnensystems mit seinen Planeten und Monden. Ihre Methoden und Konzepte zielen gleichermaßen auf die Erforschung natürlicher und synthetischer Stoffe und deren Anwendung.“

Was so wissenschaftlich beschrieben wird, kann sehr praktisch eingesetzt werden. „Was unsere Absolventen neben der fachlichen Expertise auszeichnet, ist die geschulte Fähigkeit zur Analyse“, sagt Volker Kahlenberg, Professor für Angewandte Mineralogie und Kristallografie an der Universität Innsbruck. Und zählt Unternehmen wie Swarowski, Infinion und Tyrolit auf, wenn es um Arbeitgeber ehemaliger Studierender geht. Sogar beim Bundeskriminalamt arbeiten Absolventen des Studiums der Erdwissenschaften. Die Universität Innsbruck bietet dieses Fach sowohl als Bachelor- als auch als Masterstudium an. Auf das breite Feld zwischen Mikrokosmos und Plattentektonik kann man sich ab dem vierten Semester beispielsweise im Modul Angewandte Mineralogie spezialisieren.

An der Universität Salzburg gibt es zwei Möglichkeiten, sich genauer mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Zum einen ist Mineralogie ein Thema beim Geologie-Studium, zum anderen wird seit 2020 der Bachelor-Studiengang Materialien und Nachhaltigkeit angeboten. Aber im Studium Ingenieurswissenschaften ist die Angewandte Mineralogie ein Muss gleich im ersten Semester. Das Joint-Degree-Bachelor-Studium der Uni Salzburg wird gemeinsam mit der TU München durchgeführt. Das interdisziplinär aufgebaute Studium umfasst die Grundlagen der Naturwissenschaften, vornehmlich Mathematik, Chemie, Physik und Materialwissenschaften sowie technische Fächer wie technische Mechanik und Maschinenwesen.

Viele praktische Anwendungen

Günter Redhammer lehrt Materialwissenschaften an der Universität Salzburg und weist auf die große Praxistauglichkeit der Mineralogie hin: „Sie reicht von der Denkmalpflege über die Kunst bis hin zur Zementerzeugung. Als vor einiger Zeit ein Salzburger Unternehmen Ökozement auf den Markt gebracht hat, ist dieser von Mineralogen entwickelt worden.“ Auch bei Ofenummauerungen und Fliesen fürs Spaceshuttle sind Materialwissenschaftler involviert.

„Mineralogie ist bei Weitem kein reines ,Grundlagenfach‘ mehr“, sagt Johann Raith, Inhaber des Lehrstuhls für Rohstoffmineralogie an der Montanuni Leoben. Spezialisten dieser Disziplin seien mit der Suche, Aufbereitung und Verarbeitung von Rohstoffen wie Salz befasst, aber auch mit seltenen Erden, die inzwischen als Hochtechnologie-Rohstoffe eingestuft werden. Dazu zählt unter anderem Lithium, das in Akkus verwendet wird. Auch Herkunftsnachweise von Rohstoffen, beispielsweise bei Coltan aus Kriegsgebieten, zählen zu den Aufgaben von Mineralogen. „Im Studium der Angewandten Geowissenschaften an der Montanuni gibt es keine Spezialisierung in Mineralogie. Im Rahmen des Schwerpunktes Economic, Environmental and Technical Geology ist es allerdings möglich, Master Theses in dem Themenfeld der Angewandten Mineralogie durchzuführen“, erklärt Raith. Bei dieser Vertiefung stehen Lagerstätten mineralischer Rohstoffe – vom Hightech-Metall bis zum Massenrohstoff–, die Beurteilung der Qualität und Umweltrelevanz von mineralischen Einsatzstoffen und montangeologische Untersuchungen im Mittelpunkt.

Interdisziplinäre Wissenschaft

„Die Mineralogie ist eine ungemein interdisziplinäre Wissenschaftsdisziplin, die unglaublich viele Schnittstellen mit der Kristallografie, Chemie, Physik, Geologie, Biologie, aber auch Archäologie besitzt“, sagt Ronald Miletich-Pawliczek, Vorstand des Instituts für Mineralogie und Kristallografie an der Universität Wien. Mineralogische Inhalte seien auch Bestandteil unzähliger Fragestellungen im Bereich der modernen angewandt-technischen Disziplinen, etwa den Umwelt- oder Materialwissenschaften metallischer oder keramischer Werkstoffe. „Nach einem breiten Grundstudium über sämtliche naturwissenschaftlichen Disziplinen der Erdwissenschaften ist eine Spezialisierung im Masterstudium möglich. Dieses kann an der Universität Wien als Schwerpunkt ,Mineralogie und Geomaterialien‘ studiert werden“, sagt Miletich-Pawliczek. Dabei stehen die Kenntnisse in der Mineralogie, Kristallografie, Geochemie und Gesteinskunde im Vordergrund.

Web:www.www.uibk.ac.at/de/studien

www.unileoben.ac.at/studium/bachelor

https://studieren.univie.ac.at

www.plus.ac.at/studium/studienangebot

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2022)

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