Arktisforschung

Fördert die grüne Wende einen neuen Kolonialismus?

Die 278 Windräder der sechs Fosen-Windparks verdrängen die Rentiere der Sámi.
Die 278 Windräder der sechs Fosen-Windparks verdrängen die Rentiere der Sámi.Jonathan Nackstrand/AFP via Getty Images
  • Drucken

Die Anthropologin Gertrude Saxinger untersucht am Polarforschungsinstitut Apri, wie der Kolonialismus in Rohstoffperipherien nachwirkt. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit sind hier eng verknüpft.

Die weiten Landschaften von Europas Norden werden für Windparks mit fortschreitender Klimakrise zunehmend interessanter. Das spießt sich mit den existenziellen Bedürfnissen der dort lebenden Sámi, denn derartige Großprojekte bedrohen den Lebensraum ihrer Rentiere und damit auch ihre Kultur. Die Sámi sind die einzige in Europa als indigen anerkannte Gemeinschaft. Sie besiedeln seit jeher die nördlichen Teilen Norwegens, Finnlands und Schwedens sowie die russische Kola-Halbinsel. Ab dem 17. Jahrhundert wurden die Nomadinnen und Nomaden durch die verschiedenen Nationalstaaten kolonialisiert, missioniert und zum Teil zur Arbeit in Bergwerken gezwungen. Heute will sich die diskriminierte Minderheit nicht länger zurückdrängen lassen – und nutzt ihren indigenen Schutzstatus unter anderem dazu, um gegen Windparks anzukämpfen. Mit Erfolg.

Vor einem Jahr gewannen Sámi in Norwegen einen Rechtsstreit um den Bau der zweitgrößten landgebundenen Windparkanlage Europas, Fosen Vind. Zwanzig Jahre lang hatten sie versucht, das Milliardenprojekt bei Trondheim zu verhindern, aber erst vor dem Obersten Gerichtshof Recht bekommen. Das Urteil, das sich auf die UN-Schutzkonvention für indigene Völker beruft, ist allerdings zu spät gekommen: Die die Tiere verstörenden Windräder waren längst errichtet, Weideflächen und Wanderrouten verbaut.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.