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Digitalisierung in der Bau- und Immobilienbranche

(v. l. n. r.) „Presse“-Redakteur und Moderator Jakob Zirm, Kerstin Nunzer, ESG und Real Estate Specialist bei EY Österreich, Andreas Dangl, Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH, Sander van de Rijdt, CEO von PlanRadar, und Stefan Klanner, Managing Director bei Schüttflix Austria.
(v. l. n. r.) „Presse“-Redakteur und Moderator Jakob Zirm, Kerstin Nunzer, ESG und Real Estate Specialist bei EY Österreich, Andreas Dangl, Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH, Sander van de Rijdt, CEO von PlanRadar, und Stefan Klanner, Managing Director bei Schüttflix Austria. (c) Roland RUDOLPH
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Expert:innentalk. Hinsichtlich Digitalisierungsgrad hinkt das Gros der Unternehmen im Bau- und Immobilienwesen jenen in anderen Branchen hinterher. Was sind die Gründe dafür, welche Vorteile bringt die Digitalisierung konkret, und wie kann der Rückstand künftig aufgeholt werden? Antworten auf diese Fragen lieferte eine Expert:innenrunde im Rahmen der Veranstaltungsreihe #nextlevel im Wiener Haus der Musik.

In der Bau- und Immobilienbranche haben sich viele Prozesse über Jahrzehnte hinweg etabliert. Häufig wird an ihnen festgehalten, da sie zu funktionierenden Gewohnheiten geworden sind. Veränderungen, wie sie die Digitalisierung mit sich bringt, scheinen hier langsamer zu greifen als etwa im Handel, Bankenwesen oder in der fertigenden Industrie. Der Eindruck, dass man in der Bauwirtschaft noch analoger tätig ist als in vielen anderen Branchen, täuscht laut Expert:innen nicht.

Bleistift und Papier

„60 bis 70 Prozent der Unternehmen setzen nach wie vor auf Bleistift, Papier, Fotoapparat, Diktiergerät und Microsoft Excel. 2015 waren es noch 80 bis 90 Prozent. Es gibt also eine Entwicklung, aber der Weg zur echten Digitalisierung ist weit“, sagt Sander van de Rijdt, CEO von PlanRadar, einem Anbieter von webbasierten SaaS-Lösungen für Baudokumentation, Mängel- und Aufgabenmanagement in Bau- und Immobilienprojekten. Von sehr unterschiedlichen Digitalisierungsgraden spricht Kerstin Nunzer, ESG und Real Estate Specialist bei EY Österreich: „In der Baubranche herrscht eine äußerst heterogene Struktur. Das komplexe Themenfeld mit vielen Akteuren mit verschiedenen Bedürfnissen und Interessen erschwert eine durchgehende Digitalisierung.“

Vielschichtigkeit und kleinteilige Strukturen führt auch Andreas Dangl, Geschäftsführer der Digitalisierungsfirma Fabasoft Approve GmbH, als Grund für die nur zögerliche Umsetzung digitaler Agenden an: „Der Wille ist grundsätzlich da und die entsprechenden Tools sind auf dem Markt. Aber viele wissen nicht so genau, wie sie es anpacken sollen.“ Das gilt vor allem im Bereich klassischer Bauprojekte, wo es oftmals an konsolidierter Beratung fehlt, um Unternehmen in die richtige Richtung zu lenken.

Für Stefan Klanner, Managing ­Director beim Baubranchen-Start-up Schüttflix Austria, gibt es einen weiteren Hemmschuh: „Wir beobachten insbesondere bei kleineren, schon länger bestehenden Unternehmen eine Scheu beim Thema Datensicherheit und -transparenz. Viele tun sich mit der Idee des Teilens von Informationen noch schwer.“ Für eine digitale Weiterentwicklung, die auf den Austausch von Daten setzt, sei dies naturgemäß wenig förderlich – vor allem in einer Bau- und Immobilienlandschaft, die in Österreich von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt ist, die für rund 80 Prozent der Leistung in der Bauwirtschaft verantwortlich zeichnen. Laut ­den Expert:innen mangelt es hierzulande insgesamt an zukunftsorientierter Technologieaffinität, wie sie etwa in osteuropäischen Ländern verstärkt anzutreffen ist.

Nachhaltige Effizienz

Dass die Digitalisierung für die gesamte Branche enormes Veränderungspotenzial hat, ist laut Fachleuten unbestritten. „Verwaltungsprozesse können deutlich effizienter gestaltet und abgewickelt werden. Große Themen sind die Dokumentation, sprich die Sammlung von Daten, die für jeden zugänglich gemacht werden können, die Kommunikation sowie die Projektsteuerung und -planung“, sagt Nunzer und verweist beispielhaft auf die Möglichkeiten, die Building Information Modeling, kurz BIM, anbietet. Die Arbeitsmethode für die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden mithilfe von Software, bei der alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden, sei zwar ein omnipräsentes Thema, aber wenig im Einsatz.

Für die ESG-Spezialistin ergibt sich daraus ein weiteres Problem: „Nachhaltigkeit ist ein zentraler Wirtschaftstreiber. Sie kann ohne hochwertige Daten nicht funktionieren. Die Informationslandschaft über Immobilien ist in Österreich allerdings höchst lückenhaft.“ Andreas Dangl bestätigt: „Um nachhaltig tätig zu sein, muss in Digitalisierung investiert werden. Nur mit digitalen Tools können langfristige Erfolge bei Ressourceneinsparungen, Materialeinsatz und der Dokumentation der Maßnahmen erreicht werden.“ ­Dabei gehe es um mehr als ökologische Nachhaltigkeit, Stichwort ESG. Die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) werde ohne entsprechendes digitales Umfeld nicht möglich sein. Dass zugleich der Druck in Europa permanent wächst, ESG in Unternehmensstrategien zu implementieren und Kennzahlen zu reporten, ist gewiss.
Laut Fabasoft Approve GmbH Geschäftsführer Dangl hat die Reduzierung von Verwaltungsabläufen und die Verfügbarkeit von Daten zudem erhebliche Auswirkungen auf das Terminmanagement und den Konsens von Geschäftspartnern: „Digitale Informationsketten führen zu klaren Prozessen zwischen Kunden und Lieferanten, die Voraussetzung für einheitliches Verständnis sind.“

Vorteile der Transparenz

Das Teilen von hochqualitativen Daten und der ortsunabhängige und mobile Zugriff darauf in Echtzeit können Streitigkeiten vorbeugen: Digitalisierung als Deeskalationsmaßnahme. „Wenn alles gut und nachvollziehbar dokumentiert ist, spart man sich kostspielige und zeitraubende Diskussionen“, bringt es Klanner auf den Punkt.
Die Bedeutung der Digitalisierung bei der Kommunikationsdokumentation hebt ebenso van de Rijdt hervor: „Es gibt Studien, die aufzeigen, dass eine nicht funktionierende Dokumentation in diesem Bereich bei Generalunternehmen bis zu 14 Prozent des Umsatzes verschlingt.“ Gut quantifizierbar sei dies bei der Arbeitszeit: „Nur rund 50 Prozent der Arbeitsstunden bei Generalunternehmen sind wertstiftend, den Rest kann man durch Digitalisierung effizienter machen.“ Dies wirkt sich auf Dauer auch auf die Preislandschaft aus, betont Klanner: „Durch mehr Transparenz und höhere Produktivität in den Aufträgen, geht irgendwann der Preis hinunter. Digitale Tools, die für diese Transparenz sorgen, sind gerade in der Baulogistik äußerst hilfreich. Auch da geht es wieder um das Thema Nachhaltigkeit, etwa bei der Baustellenzulieferung im innerstädtischen Bereich oder in Sachen Entsorgungslogistik.“

Klein anfangen, dann skalieren

Einig sind sich die Expert:innen darüber, wie Digitalisierungsmaßnahmen künftig schneller und besser in Unternehmen implementiert werden können. „Der beste Weg ist eine Politik der kleinen Schritte. Treiber können nur die Anwender sein, gefragt ist ein Bottom-up-Prozess“, ist van de Rijdt überzeugt. Der oftmals gepredigte Plattformgedanke sei interessant, aber schwer umzusetzen. Es gelte vielmehr, Primary User aus Bereichen wie dem Property Management oder der Bau- und Projektleitung anzusprechen, die sofort verstehen, was ihnen ein Tool bringt. Dangl und ­Klanner stimmen zu: „Top-down im Neulandbereich funktioniert nicht. Man muss in den Unternehmen jene Personen suchen, die interessiert sind. Von dort aus wachsen dann die Punktlösungen zu digitalen Systemen.“ Einfachheit ist dabei laut Dangl ein wichtiges Kriterium: „Das ist auf lange Sicht nur mit Standardisierung möglich. Darum müssen sich die Verantwortlichen dringend kümmern, sonst bleiben Unternehmen immer in den nicht kommunizierenden Datensilos gefangen.“

Klein anfangen, um nach der ­Erfahrung von Erfolgserlebnissen in Teilgebieten eines Unternehmens zu skalieren – so sollte das Motto für eine Branche lauten, die vergleichsweise immer noch sehr analog organisiert ist und insofern, will man es positiv betrachten, spannende Zeiten vor sich hat.

Kerstin Nunzer, ESG und Real Estate Specialist bei EY Österreich
Kerstin Nunzer, ESG und Real Estate Specialist bei EY Österreich(c) Roland RUDOLPH

»„In der Baubranche herrscht eine heterogene Struktur. Das komplexe Themenfeld mit vielen Akteuren erschwert eine durchgehende Digitalisierung.“«

Kerstin Nunzer
Sander van de Rijdt, CEO von PlanRadar
Sander van de Rijdt, CEO von PlanRadar(c) Roland RUDOLPH

»„60 bis 70 Prozent der Unternehmen setzen nach wie vor auf Bleistift, Papier, Fotoapparat und Diktier­gerät. Der Weg zur echten Digitalisierung ist weit.“«

Sander van de Rijdt
Andreas Dangl, Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH
Andreas Dangl, Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH(c) Roland RUDOLPH

»„In die Digitalisierung muss gezielt investiert werden. Daraus können sich auch neue Geschäftsmodelle am Puls der Zeit ergeben.“ «

Andreas Dangl
Stefan Klanner, Managing Director bei Schüttflix Austria
Stefan Klanner, Managing Director bei Schüttflix Austria(c) Roland RUDOLPH

»„Stichwort Effizienz und vernetzte Kommunikation: Wenn alles gut und nachvollziehbar dokumentiert ist, spart man sich oftmals kostspielige Streitfälle.“«

Stefan Klanner

Unternehmen im Talk

EY Österreich
Die Prüfungs- und Beratungs­organisation bietet sowohl ­großen als auch mittelständischen Unternehmen Dienstleistungen wie Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung an. Seit 2006 zeichnet EY Österreich ­jährlich Österreichs Top-Unternehmer mit dem Entrepreneur Of The Year Award aus.
www.ey.com/at

PlanRadar
Das 2013 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Wien hat sich mit einer B2B-Software-as-a-Service auf digitale Baudokumentation, Prozessmanagement, Aufgaben- und Mängelmanagement spezialisiert. Das Ziel: Arbeitsprozesse bei Bau- und Immobilienprojekten vereinfachen.
planradar.com

Fabasoft Approve
Das Unternehmen ist Anbieter des gleichnamigen cloudbasierten Dokumentenmanagement-Systems für die Industrie. Spezialisiert auf Prozesslösungen für Computer-Aided Quality (CAQ), technische Dokumentation sowie transmittal Management, unterstützt das ­europäische Digitalisierungsunternehmen Betriebe entlang der gesamten Supply Chain.
fabasoft.com

Schüttflix Austria
Schüttflix ist die erste und einzige digitale Plattform, die Bauunternehmer, Schüttgut-Anbieter und Frächter vernetzt. Im Fokus steht die digitale Evolution der Baustellenlogistik. Die Vision des Unternehmens: Mithilfe digitaler Prozesse sollen Preistransparenz und schnelle, punktgenaue Lieferungen ermöglicht und die Basis für eine nachhaltige Bauwirtschaft geschaffen werden.
schuettflix.com

Information

Die Seite beruht auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und ist entstanden mit finanzieller Unterstützung der Fabasoft.

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