Marktverwerfungen

Notbremse bei Umstellung auf E-Autos

Der zuständige Industriekommissar Thierry Breton warnt vor einem Kollaps der Hersteller und will, dass sie weiter Verbrenner erzeugen.

Brüssel. Wenige Tage nach dem sich die EU-Regierungen, das EU-Parlament und die EU-Kommission auf ein Aus für Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2035 geeinigt haben, äußerte der zuständige EU-Industriekommissar Thierry Breton ernste Bedenken. Er warnte PKW-Hersteller davor, ihre Produktion zu rasch ausschließlich auf Elektromotoren umzustellen und empfahl, vorerst weiterhin auch Verbrenner zu produzieren. Der Zeitplan könnte nicht halten. Das machte Breton in einem Interview mit der französischen Zeitung „Les Echos“ deutlich.

Darin verweist er auf mehrere Gründe, warum in der vorgesehenen Überprüfung des Ausstiegs im Jahr 2026 eine Notbremsung notwendig werden könnte. Er spricht von einer „gemeinsamen Entscheidung ohne Tabus“. Denn es könnten sich bis dahin erhebliche Marktverwerfungen ergeben. Etwa, wenn der Preis so hoch bliebe. Viele Menschen könnten sich nämlich die nach wie vor teuren Elektroautos einfach nicht leisten. Ein Kollaps des Automarkts wäre die Folge.

Zu wenig Strom

Breton verweist aber auch auf eine mögliche Rohstoff- und Energieknappheit durch die Produktion einer so großen Zahl an Batterien. „Wir brauchen dann 15 mal mehr Lithium, viermal mehr Kobalt, viermal mehr Grafit und dreimal mehr Nickel.“ Außerdem würden E-Autos den Stromverbrauch um bis zu einem Viertel erhöhen. Es wären zudem in der EU sieben Millionen Ladestationen notwendig.

Der französische Kommissar kündigte an, dass er in den nächsten vier Jahren die Situation gemeinsam mit Vertretern der Autoindustrie regelmäßig evaluieren werde. Er sei froh, dass in der Einigung eine mögliche Revidierung im Jahr 2026 vorgesehen sei. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2022)

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