Worte der Woche

Dust Bowl

Der Dust Bowl mit Dürre und Sandstürmen verwüstete in den 1930er-Jahren weite Teile der USA – und er hatte auch in Tausenden Kilometern Entfernung schwere Folgen.

Der Dust Bowl („Staubschüssel“) zählt zu den schlimmsten Naturkatastrophen der jüngerer Zeit: In den 1930er-Jahren gab es in den südlichen Great Plains, den weiten Graslandschaften im Zentrum der USA, eine schwere Dürre samt gigantischen Sandstürmen. Viele Millionen Hektar wurden verwüstet, Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden weggeblasen; der Staub häufte sich in meterhohen Dünen an. Die Menschen standen vor dem Nichts, Millionen verließen die betroffenen Gegenden.

Die Ursache dafür lag in einer Mischung aus natürlichen und menschengemachten Phänomenen. In der Region kommt es immer wieder zu Hitze- und Dürrewellen, die auf Schwankungen der Wassertemperaturen im Atlantik und Pazifik zurückzuführen sind. Diese Wetteranomalie traf ab 1931 allerdings auf eine nicht nachhaltige Landwirtschaft: Wenige Jahrzehnte zuvor – nach der Vertreibung der Urbevölkerung und der Ausrottung des Bisons – hatte man begonnen, Grasland zwecks Weizenanbau in großem Stil umzupflügen.

Das Präriegras, dessen tiefe Wurzeln den Boden stabilisieren, verschwand. Solange es genügend Regen gab, ging das halbwegs gut. Doch die trockenere Witterung führte ins Desaster: Den Bauern fehlte die Erfahrung, wie sie damit umgehen sollten; noch dazu gab es wegen der Weltwirtschaftskrise keine (Finanz-)Mittel zum Gegensteuern. So nahm die Tragödie ihren Lauf. Erst 1939, als es wieder feuchter wurde, entspannte sich die Situation.

So schlimm diese Geschichte ist – nicht weniger erschreckend ist, dass die Auswirkungen der verfehlten Landbewirtschaftung weit darüber hinaus spürbar waren: In großen Teilen der nördlichen Hemisphäre – von Kanada über Nord- und Zentraleuropa bis nach Ostasien – gab es damals extreme Hitze, die sich aus natürlichen Ursachen heraus nicht erklären lässt. Forscher um Gerald Meehl (NCAR Boulder) konnten nun nachweisen, dass dies direkt auf den Dust Bowl zurückzuführen ist (Scientific Reports, 17.10.). Der trockene und kahle Boden erhitzte sich unter der Sonne stark, die erwärmte Luft veränderte beim Aufsteigen weltumspannende atmosphärische Strömungen. Dadurch bildeten sich in manchen Regionen weniger Wolken, in der Folge konnte mehr Sonnenstrahlung bis zur Erdoberfläche durchringen, und es kam auch in Tausenden Kilometern Entfernung zu großer Hitze.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Raubbau an der Natur weitreichende Folgen haben kann.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2022)

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