Morgenglosse

Zeit für radikale Veränderung statt nutzloser Debatten

Die Debatte rund um Klimaaktivismus zeigt: Der Ernst der Lage wird verkannt. Die Welt steuert auf eine Klimakatastrophe zu, wir sollten uns nicht länger mit Debatten über Erdäpfelpüree auf Kunstwerken aufhalten.

Im Vorfeld der Klimakonferenz in Ägypten häuften sich die Hiobsbotschaften. Klimaziele bleiben unerreicht, Versprechen uneingelöst. Von 1,5 Grad müssen wir uns wohl verabschieden. Denn die Welt steuert auf etwa 2,5 Grad Erderwärmung zu, berichtet die UNO. Und selbst das nur, wenn alle bisherigen Versprechen gehalten werden. Angesichts des Ernstes der Lage, sollten es diese Schlagzeilen sein, die uns beschäftigen. Doch da gibt es etwas, das die Gemüter weitaus mehr erregt: Die potentielle Beschädigung von berühmten Kunstwerken. Da kann die langsame Zerstörung des Klimas eben nicht mithalten.

Dabei geht es den Aktivistinnen und Aktivisten genau darum. Man müsste ihnen eben zuhören, statt nur darüber zu debattieren, wie weit Aktivismus gehen darf. Klimaaktivistin Phoebe Plummer, die so medienwirksam Tomatensuppe auf Van Goghs “Sonnenblumen” schüttete, und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben eine klare Botschaft: Raus aus Öl.

Diese Botschaft versuchen sie nun mit diesen umstrittenen Mitteln zu verbreiten, weil sie meinen, dass sie nur so die erhoffte Aufmerksamkeit bekommen. Hinter immer drastischeren Aktionen steckt auch ein Stück Verzweiflung, denn die Klimakrise ist für Millionen Menschen nicht mehr bedrohliches Zukunftsszenario sondern längst Realität. In Interviews verweist Plummer immer wieder auf die 33 Millionen Menschen in Pakistan, die durch die verheerenden Flut im Sommer obdachlos wurden, und die drohende Hungersnot in Afrika.

„Loss and Damages"

Diese Regionen sollen auch bei der Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh in den Fokus gerückt werden. Jene Nationen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, aber am stärksten unter den Folgen leiden, fordern erneut finanzielle Unterstützung vom Westen, der den Großteil der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen  und damit der Erderwärmung verursacht hat. Dabei geht es nicht nur um die Bewältigung von bereits entstandenen Schäden, sondern auch um Investitionen in Erneuerbare Energien und Anpassungsmöglichkeiten, um die künftigen Folgen der Klimakrise besser bewältigen zu können. Schon 2009 bei der Klimakonferenz in Kopenhagen wurden diesen Staaten 100 Milliarden Dollar versprochen. Der Großteil dieser Gelder lässt bis heute auf sich warten.

Erschwert, um nicht zu sagen überschattet, werden die Gespräche in Sharm El-Sheikh von der Krise der Lebenshaltungskosten und der Energiekrise. Mitunter aus diesem Grund sind die Erwartungen an die heurige Klimakonferenz äußerst gering. Diese Konferenz wird voraussichtlich nicht diejenige sein, mit der die Kehrtwende Richtung 1,5-Grad-Ziel geschafft wird.

Doch die Klimakrise wartet nicht, bis wir all unsere anderen Probleme auf die Reihe kriegen. Es braucht rasch radikale Veränderung, um eine Klimakatastrophe noch zu verhindern, mahnt die UNO in ihrem "Emissions Gap"-Bericht. Wir sollten darüber diskutieren, wie wir diese radikale Veränderung herbeiführen, und uns unserer Verantwortung stellen. Denn, um den deutschen Twitter-Humoristen Sebastian Hotz alias El Hotzo zu zitieren: “Hab irgendwie das dumpfe Gefühl dass es in ein paar Jahrzehnten nicht die „terroristischen Klimaaktivist*innen“ sein werden, die sich für ihr Handeln rechtfertigen werden müssen.”

Mitreden beim Klimaaktivismus: Wie weit darf Protest gehen?

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