Während sich Studierende in den USA verschulden, sind Bildungskredite in Österreich ein Fremdwort. Banken bieten bislang keine Hilfe langsam ändert sich das aber.
Meine Hausbank hat mir empfohlen, den Kontorahmen auszureizen", erzählt Anna. Für eine Ausbildung benötigte die 26-jährige Wienerin, die ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, einen Kredit in Höhe von 5000 Euro. Bei ihrer Bank stieß sie damit aber auf Unverständnis. Ihr wurde mitgeteilt, dass "Bildung kein Kreditgrund" sei. Dass die Zinsen für Kontoüberziehungen schnell zweistellig werden können, hat man ihr allerdings nicht gesagt. Auch wie eine entsprechende Rückführung stattfinden solle, wurde nicht geplant. Stattdessen wurde ihr geraten, bei den Eltern um Hilfe zu bitten.
Während Ausbildungsdarlehen in anderen Ländern Europas und in den USA gang und gäbe sind, bietet Österreichs Bankenlandschaft keine solchen an. Es gibt zwar einzelne Hilfen wie beispielsweise den Sozialfonds der Österreichischen Hochschüler innenschaft (ÖH) der ist aber rasch ausgeschöpft. Die Mittel werden also dringend benötigt.
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Bildungskredite sind im Portfolio der gängigen Banken nicht vorhanden, bestätigt Thomas Harrer, Leiter des Privatkundengeschäfts der Oberbank in Linz. Trotzdem wird in der Oberbank darüber nachgedacht, einen solchen in Zukunft anzubieten. Das Projekt stecke zwar noch in den Kinderschuhen, Harrer ist aber überzeugt davon, dass es notwendig wird. "Bildung kostet Geld. Viele Eltern wollen die Kinder zwar unterstützen, aber können es nicht. Da muss man unter die Arme greifen", sagt er.
Zurück zur kreditsuchenden Anna: Sie erkundigte sich bei einer zweiten Bank nach einer Finanzierung für die Ausbildung. Bei dieser hätte sie zwar eine erhalten, aber nur mit einem zweiten Kreditnehmer. Ihr Vater, der mit einer juristischen Kanzlei selbstständig ist, galt aber als zu bonitätsschwach. Andere Verwandte die weniger verdienen, aber fest angestellt sind wären akzeptiert worden.
Dabei müsse die Seite der Banken verstanden werden, sagt Christoph Leinberger von der Raiffeisenbank Salzburg. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen seien in Österreich sehr strikt. Auch die Raiffeisenbank bietet keine Finanzierungsmöglichkeiten eigens für Ausbildungen an, verweist aber auf die Bausparkasse.
Internationale Unterschiede
In anderen Teilen der Welt sieht die Situation anders aus. Hohe Schulden sind beispielsweise für amerikanische Studierende die Norm: Mehr als 45 Millionen US-Bürger sitzen auf ihren Bildungskrediten das Gesamtvolumen der Schulden beläuft sich derzeit auf 1,6 Milliarden US-Dollar. Die meisten Studierenden borgen sich das Geld vom Staat: Im Durchschnitt schuldet laut OECD ein amerikanischer Uni-Absolvent der öffentlichen Hand rund 30.000 Dollar. Das ist bis auf Luxemburg mehr als in jedem anderen Industrieland. Ein Beispiel: In der Stadt Berkeley in Kalifornien werden die Kosten für ein Jahr MBA mit rund 100.000 Dollar beziffert davon betreffen allein 70.000 Dollar die Studiengebühren.
Jüngst verkündete US-Präsident Joe Biden, dass mehrere Millionen Absolventinnen und Absolventen ihre Schulden beim Staat nicht mehr komplett zurückzahlen müssen. Damit setzte er ein Wahlversprechen um. Die Regierung werde teilweise auf die Rückzahlung verzichten: Absolventen mit einem Jahresgehalt unter 125.000 Dollar sollen 10.000 US-Dollar erlassen bekommen. Bei Absolventen aus einkommensschwachen Familien, die ihren Kredit aus einem speziellen Förderprogramm erhalten haben, beträgt der Erlass sogar 20.000 Dollar. Nach Angaben der Regierung könnten so 20 Mio. Menschen schuldenfrei werden.
Anders als die Privatbanken verbucht die Regierung die Kredite zum Nominalwert, also ohne Abschreibungen. Dabei dürfte das Studienkreditprogramm in den USA im kommenden Jahrzehnt schätzungsweise mehr als 30 Milliarden Dollar Verlust einfahren. Nicht ganz so extrem verhält es sich in Deutschland. Doch die Zahl der Studierenden, die für die Ausbildung einen Kredit aufgenommen haben, steigt auch dort stetig an. Für Hochschüler, die kein Bafög erhalten so heißt die staatliche Unterstützung für sozial schwächer gestellte Studierende , ist ein Bildungskredit vom Bundesverwaltungsamt eine Option. Damit kann vom Staat ein Darlehen mit besonders niedrigen Zinsen ausgeliehen werden. Im Jahr 2019 wegen der Pandemie das letzte Vergleichsjahr lag der Jahresschnitt von Vertragsabschlüssen laut der Förderbank KfW bei rund 23.000.
Auch in Österreich gibt es tatsächlich Anbieter für Bildungskredite: die Bausparkassen. Tobias Kohl, Chief Customer Officer der Wüstenrot, erzählt: "Wir setzen auf eine junge Klientel und geben ihnen damit einen Vertrauensvorschuss. Natürlich wollen wir die Kunden damit aber auch für spätere Abschlüsse auf uns aufmerksam machen." Für Bildungskredite ist der Zinssatz günstiger als für Konsumkredite, dafür muss der Kredit aber auch explizit dafür genutzt werden. Da aber auch die Bausparkassen den Vergaberichtlinien unterliegen, wird ein zweiter Kreditnehmer benötigt. Dieser kann aber schon vor Vertragsende entlassen werden vorausgesetzt, es besteht dann ein fixes Einkommen.
»"Wir setzen auf eine junge Klientel und geben dieser damit einen Vertrauensvorschuss"«
Tobias Kohl, Chief Customer Officer der Wüstenrot
Unterstützung der ÖH
Auch wenn ein Kredit in Österreich nur schwer zu bekommen ist, für Notfälle gibt es Unterstützung. Die ÖH etwa rief einen Coronasozialfonds ins Leben. Im Topf befinden sich rund 1,7 Mio. Euro. Rund 1500 Anträge wurden gestellt.
Auch vor der Pandemie wurde der Sozialfonds der ÖH schon stark nachgefragt. Die Vergaberichtlinien sind streng: Die finanzielle Notlage muss akut sein. Im vergangenen Jahr haben 856 Studierende den Antrag gestellt. Nur 43 Prozent davon wurden bewilligt. Das liegt unter anderem daran, dass das Budget rund 255.000 Euro nach dem Prinzip "First Come, First Serve" ausgeschüttet wird. Derzeit befindet sich die ÖH in Verhandlung mit der Politik über eine Aufstockung des Fonds. Wie viel die ÖH fordert, wird auf Nachfrage nicht beantwortet.
Bildungskredite im Allgemeinen lehnt Katharina Weißenböck, ÖH-Referentin für Sozialpolitik, übrigens ab. Ihrer Meinung nach solle eine Ausbildung für alle frei verfügbar sein, ohne Rückzahlung.
Am Ende kam auch Anna ganz ohne Kredit aus. Sie hat ihn gar nicht beantragt. Ihre Eltern haben ihr ausgeholfen.
Auf einen Blick
45 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner haben Studienschulden beim Staat in Höhe von insgesamt 1,6 Milliarden Dollar. Für einen Bachelorabschluss sind mindestens 25.000 Dollar üblich. Präsident Joe Biden will nun große Teile der Studienkredite erlassen fast 43 Millionen Kreditnehmende profitieren davon. Studierende aus einkommensschwächeren Familien sollen 20.000 US-Dollar weniger abzahlen müssen.
