Teuer

Wo Studierende den Sparstift ansetzen

Wie es Studierenden in der Krise geht, wo sie sparen können und worauf sie verzichten werden. Das Leben wird teurer. Das wirkt sich auch auf die Geldbörse vieler Studierender aus. Vier davon erzählen

„Ich liebe Steyr", sagt Olivia Hobbie in einem kleinen Café am Stadtplatz der oberösterreichischen Stadt. Nicht gerade als Studentenmetropole bekannt, hat sich die 22-jährige Deutsche vor drei Jahren hierher verirrt, um Internationales Logistikmanagement an der FH zu studieren. Seither wohnt sie in einer WG im historischen Zentrum, zwischen den Brücken an der Flussmündung von Enns und Steyr.

Nicht nur in den großen Studentenstädten des Landes wirkt sich die Teuerung aus, auch in Steyr steigen Mieten und Lebenskosten stetig an. "Ich habe extremes Glück mit meiner Miete", sagt Olivia, die für ihr WG-Zimmer mit allem inklusive 270 Euro zahlt. Doch eine Nachzahlung für die Heizung von 600 Euro stand zuletzt an. "Ich habe sehr viel Angst vor dem Winter", sagt Olivia. Sie und ihre Mitbewohner werden das Heizen heuer deshalb hinauszögern.

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Bisher habe sie rund 200 Euro pro Monat sparen können. Mit einem Job im Marketing der FH verdient sie rund 400 Euro, von ihren Eltern erhält sie 750 Euro.

Shoppen gehen wird ausgesetzt. Am ehesten sparen könnte sie bei Kleidung. "Das wäre am logischsten. Ich brauche eigentlich gar nichts und habe viel zu viel." Und auch beim Essen wird sie sich manches zweimal überlegen. Bisher habe sie regelmäßig in der FH-Kantine gegessen. "Das läppert sich." Ihr Essen wolle sie sich nun öfter selbst mitnehmen. Obwohl auch das Einkaufen im Vergleich zu Deutschland in Österreich viel teurer sei. "1,19 Euro für eine Gurke, das ist schon ein Wahnsinn", sagt Olivia. Auch deshalb kaufe sie grundsätzlich kein Fleisch ein: "Ich bin keine Vegetarierin. Aber das ist mir zu teuer."

(c) Clemens Fabry

Am Kebabstand hat sich Felix Danowski das erste Mal über den hohen Preis gewundert. "Der Döner ist teurer geworden", sagt der 28-jährige gebürtige Deutsche. Das sei zwar nur eine Kleinigkeit. Aber nach und nach sind dem Studenten auch bei anderen Produkten die steigenden Preise aufgefallen. Die Teuerung wurde spürbar. "Es fängt langsam an zu schmerzen."

Felix macht sein Doktorat im Fach Philosophie an der Universität Wien. Zugleich studiert er im dritten Semester Rechtswissenschaft. Seine bezahlte Doktoratsstelle ist leider gerade ausgelaufen. Deshalb hat er nun einen administrativen Job an der Uni angenommen. 26 Stunden pro Woche arbeitet er dort, für etwa 1300 bis 1400 Euro.

Es steht ihm also weniger Geld als zuvor zur Verfügung. Dabei wurde es schon mit den bisher verdienten 1500 Euro pro Monat regelmäßig knapp. Ein Drittel davon ging nämlich für die Miete in der Wohngemeinschaft drauf. Hinzu kamen die Fixkosten und die Dinge des täglichen Bedarfs. Außertourliche Ausgaben waren da oft nur schwer zu stemmen. Dazu zählen etwa wissenschaftliche Konferenzen. Die bezahlt zwar die Uni aber erst im Nachhinein. Derzeit wartet der Doktorand etwa noch auf 500 Euro, die er für eine Konferenz in Salzburg vorstrecken musste. Ohne ein Minus am Konto und die gelegentliche Unterstützung der Eltern ginge das nicht.

Weniger Essen gehen

Die Teuerung zwingt den Wahlwiener endgültig zum Sparen. Potenzial sieht er bei seinen Ausgaben fürs Essen. Zu oft kaufe er sich rund um das Neue Institutsgebäude (NIG), in dem es leider keine Mensa mehr gebe, Döner oder Ähnliches. Nun will er sich öfter selbst in die Küche stellen. Ich habe definitiv vor, mehr selbst zu kochen", sagt Felix.

(c) Clemens Fabry

Eigentlich ist Clara San Nicolo sparsam. Es gibt aber einen Bereich, da würde sie nie sparen: bei Lebensmitteln. Billigmarken aus dem Supermarkt kommen ihr nicht in den Einkaufswagen. Es sollen Bioprodukte sein. "Hummus, Halloumi und Toast sind spürbar teurer geworden", sagt Clara. Doch auch im Zweifel greift sie lieber zu Qualität.

Das ist bei ihrem knappen Studentenbudget nicht immer einfach. Das Zimmer im Studentenheim in Wien zahlen ihre Eltern. Zusätzlich bekommt Clara 400 Euro. Ein bisschen etwas verdient sich die Südtirolerin selbst dazu. Einmal pro Woche ist sie babysitten. Ab und zu jobbt sie bei einem Cateringunternehmen. Insgesamt bleiben so etwas mehr als 500 Euro im Monat fürs Leben.

Den Großteil davon gibt die 20-Jährige fürs Bioessen aus. Einmal in der Woche gönnt sie sich außerdem Gesangsstunden. Macht pro Monat 120 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Mathematiknachhilfestunden. Clara ist derzeit an der Boku inskribiert. Sie will aber unbedingt Medizin studieren. Zweimal hat sie sich bereits beworben. Bisher ohne Erfolg. Im Juli nächsten Jahres wird sie es noch einmal versuchen. Bis dahin wird sie einmal pro Woche Mathematik-nachhilfe nehmen. Auch das macht 100 Euro im Monat. Und vielleicht wird Clara kurz vor dem Aufnahmetest auch noch einen der teuren Intensivkurse belegen. Das summiert sich.

Sparen im Pub

Es muss also auch gespart werden. Clara will das "beim Ausgehen", wie es die Südtirolerin formuliert, machen. Am liebsten besucht sie das Irish Pub unweit des Studentenheims. Dort will sie zwar auch künftig mit ihren Freunden feiern. Aber "vielleicht ein Getränk weniger trinken". Am Ende eines Abends 30, 40 oder gar 50 Euro im Pub zu bezahlen, ist für sie nicht drinnen. "Ich kann aber auch Spaß haben, ohne viel zu trinken."

(c) Clemens Fabry

Für die 21-jährige Nina Mathis ist das Wintersemester das erste, das sie selbst als "normal" bezeichnet. Es ist zwar schon das fünfte für die Vorarlbergerin, die seit 2019 Umweltingenieurwissenschaften an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien studiert. Infolge der Coronapandemie aber findet dieses nun erstmals wieder gänzlich in Präsenz statt.

Nach der vorerst überstandenen Ausnahmesituation steht aber schon die nächste vor der Tür: "Was uns schon Angst macht, ist, dass die Unis wieder zusperren könnten", sagt Nina, die an ihrer Universität im ÖH-Vorsitzteam mitarbeitet. Der Wissenschaftsminister wird den Unis 500 Mio. Euro Zuschuss für steigende Personal- und Energiekosten gewähren. Das werde aber nicht reichen, sagt Nina. Sollten die Unis wirklich schließen, hieße das, "dass es auf die Studierenden abgewälzt wird. Dann sitzen wir halt in kalten Wohnungen."

Das Rektorat an ihrer Uni habe angekündigt, dass die Temperatur vorerst auf 19 Grad beschränkt werde. Das sei zwar nicht angenehm, aber immerhin besser als eine generelle Schließung.

Keine Skripten und Süßes

Kühler wird es auch bei ihr zu Hause. In der WG wolle man erst heizen, "wenn es wirklich richtig kalt ist". Sparen kann sie sonst kaum wo. Pro Monat bleibt ihr schon jetzt quasi nichts übrig: Von den 980 Euro, die ihr zur Verfügung stehen, gehen 490 Euro für Wohnen, 200 Euro für Essen und 200 Euro für Öffis und Freizeit drauf.

Markenprodukte oder Süßigkeiten bleiben nun im Supermarktregal. Bei den Lernunterlagen will sie sparen, indem sie Skripten nicht mehr kauft, sondern online abruft. Es sei schwer vorherzusagen, was sie sich noch leisten werde. "Es ist traurig, dass man sich das überlegen muss."

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