Mit dem Ukraine-Krieg hat der Rohstoffstaat Russland sich selbst weitaus mehr geschadet, als es die Energiewende im Westen hätte können. Die innerrussischen Ideen für eine Lösung überzeugen allesamt nicht. Am drastischsten formulierte das Putins langjähriger KGB-Kollege.
Es mutet heute wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit an. Dabei hat Anatolij Tschubais, bis vor Kurzem Kremlbeauftragter für Kontakte zu internationalen Organisationen und seit Ende März aus Opposition gegen den Ukraine-Krieg ins Ausland geflüchtet, erst vor gut einem Jahr der Regierung ein Schreckensszenario an die Wand gemalt. Die globale Abkehr von fossilen Kohlenwasserstoffen, Russlands weitaus wichtigsten Exportgütern, werde an Fahrt gewinnen und Russland als zweitgrößten Ölexporteur hinter Saudiarabien und größten Gasexporteur schwer treffen, sagte er damals. „Riesige Folgen für den russischen Export“ seien zu erwarten und damit ein möglicher Verlust von zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes. „Das ist mehr als ernst.“
Nicht rosig
Heute, ein gutes Jahr und einen sinnlosen Krieg später, ist es noch mehr als ernst. Heute nämlich hat der den Ukraine-Krieg begleitende Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und Russland dazu geführt, dass sich der Westen zwar nicht unbedingt schneller von fossilen Kohlenwasserstoffen, aber sehr wohl von solchen aus Russland verabschiedet. Und er hat dazu geführt, dass der Kreml selbst aus dem Kalkül heraus, die EU-Kommission in ihrer Sanktionspolitik zu beeinflussen, die Exportvolumina etwa bei Gas gedrosselt hat, wie Oleg Vjugin, ehemaliger Vizechef der russischen Zentralbank und Topbanker, kürzlich im Gespräch mit der „Presse“ erklärte.
Das Kalkül scheint nicht aufzugehen. Zwar zahlt auch der Westen in Form exorbitanter Inflation einen immens hohen Preis für die Entkoppelung von Russland. Aber Russland selbst, das vorerst noch sensationell verdient, weil die höheren Gas- und Ölpreise die geringeren Exportmengen mehr als aufwiegen, sieht alles andere als rosigen Zeiten entgegen. Was wird geschehen?