„Ein einjähriges Pflegepraktikum ohne Vorkenntnisse und Einschulung ist keine Alternative, sondern eher eine Belastung für ein funktionierendes medizinisches Team“, meint Mediziner Meinhard Kneussl.
Zum Text: „Pflegepraktikum statt Aufnahmetest?“, von Köksal Baltaci
Der Aufnahmetest zum Medizinstudium in der jetzigen Form ist sicher keine ideale Lösung, es wäre besser, wie Kerbl anführt, mehr die Empathie, die soziale Kompetenz und das Engagement zu berücksichtigen! Das Medizinstudium und die Pflege müssen, was die Betreuung von Patienten betrifft, in irgendeiner Form eine Einheit bilden und sollten sich zumindest ergänzen, aber müssen von einander getrennt betrachtet werden!
Bei so vielen Bewerbern zum Medizinstudium ist ein gewisser Eignungstest sicher das beste Instrument, um so objektiv wie möglich eine faire Auswahl für die Zulassung zum Studium treffen zu können. Ein Jahr Pflegepraktikum kann einen Eignungstest zum Medizinstudium in keiner Weise ersetzen, und dieses Jahr könnte von Medizinstudenten und angehenden Ärzten viel besser genützt werden. Das medizinische Wissen, was die Diagnostik und Therapie betrifft, nimmt von Jahr zu Jahr enorm zu und kann von den Studenten kaum bewältigt und vor allem durch ein Pflegepraktikum nicht ersetzt, vielleicht ergänzt werden. In erster Linie sollte der Pflegeberuf aufgewertet werden, sowohl strukturell, vor allem was Arbeitszeit, -pensum und -belastung betrifft, als auch einen finanziellen Anreiz darstellen. Ein einjähriges Pflegepraktikum ohne Vorkenntnisse und Einschulung ist keine Alternative, sondern eher eine Belastung für ein funktionierendes medizinisches Team, das aus Pflegekräften und Ärzten besteht.
Der Ärztekammer ist wohl bewusst, dass der bestehende Aufnahmetest keine optimale Lösung ist, um den Ansturm auf das Medizinstudium bewältigen zu können. Jedoch ist prinzipiell jeder Test das beste und gerechteste Mittel, um eine gewisse Auswahl treffen zu können. Ein einjähriges Pflegepraktikum kann ein solches Auswahlverfahren nicht ersetzen! Vielleicht ist es notwendig, über andere und alternative Zugangsbeschränkungen, aber ohne Numerus clausus, nachzudenken?
Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl, FA für Innere Medizin; em. Vorstand der II. Med. Abt. mit Pneumologie Wilhelminenspital; Med-Uni Wien; Sigmund-Freud-Universität.
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