Enttabuisierung

Menstruation: Blut sehen können

(c) Petra Winkler
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Die immer lauter werdende Forderung nach kostenlosen Menstruationsprodukten zeigt Wirkung: Über die Enttabuisierung der Monatsblutung an Hochschulen.

Im Jahr 2018 wird an der ältesten Universität Neuseelands, der Otago-Universität in Dunedin, ein Studierendenmagazin aus dem Verkehr gezogen. "Zu anstößig" sei das Titelblatt, die Hefte werden beschlagnahmt und vernichtet. Heftige Proteste am Campus sind die Folge, Vorwürfe der Zensur. Auf dem Cover: die gepixelte Karikatur eine Frau, die gerade ihre Tage hat. Seither hat sich viel getan. An immer mehr Universitäten, Schulen oder in anderen öffentlichen Einrichtungen werden nun sogar kostenlose Menstruationsprodukte zur Verfügung gestellt. In Schottland wurde zuletzt per Gesetz beschlossen, dass Mens truationsartikel in allen öffentlichen Einrichtungen kostenlos zur Verfügung stehen müssen.

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Bettina Steinbrugger, Mitgründerin des Social Business "Erdbeerwoche", sieht das als die Errungenschaft einer globalen Bewegung, die besonders durch Menstruationsaktivismus in den sozialen Medien Fahrt aufgenommen hat. "Hier wurde eine Diskussion angestoßen was ist denn der Unterschied, dass wir im Actionfilm ständig Blut sehen, aber Menstruationsblut ein Tabu ist?", so Steinbrugger.

Menstruationsprodukte, so viel ist für die Aktivistin klar, gehören zu den menschlichen Grundbedürfnissen. "Sie sind eben keine Luxusgüter, sie zu verwenden, kann man sich nicht aussuchen. Aus genau diesem Grund sollten sie überall verfügbar sein."

Und genau deshalb, so eine mittlerweile bekanntere politische Forderung auch vonseiten der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), sollten Tampons, Binden oder Menstruationstassen nicht besteuert werden. So wurde unter anderem in Großbritannien, Frankreich oder Deutschland die Mehrwertsteuer auf Menstruationsprodukte gesenkt, Ende 2020 wurde auch im österreichischen Nationalrat ein verminderter Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent (statt vorher 20) beschlossen. "Der Politik bleibt nichts anderes mehr übrig, als sich damit auseinanderzusetzen", sagt Steinbrugger.

Was ist Periodenarmut?

Wie viel Frauen in ihrem Leben für Periodenprodukte ausgeben, hängt von Dauer und Stärke der Periode sowie dem gewählten Produkt ab. In Österreich verwenden die meisten Frauen Tampons und davon zwischen 10.000 und 17.000 in ihrem Leben. Da Menschen mit geringem Einkommen besonders darunter leiden, trägt die Bereitstellung von Menstruationsprodukten auch dazu bei, strukturelle Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Universitäten könnten Steinbrugger zufolge dadurch auch die Zufriedenheit von Studierenden steigern. Der Notfallstampon auf der Uni toilette sollte ihrer Meinung nach so selbstverständlich sein wie Toilettenpapier: "Niemand würde hinterfragen, ob das zur Verfügung gestellt werden sollte."

Einige Institutionen in Österreich, wie etwa die Universität Wien, die Universität Graz oder die FH Campus Wien, kommen dieser Anforderung seit etwa einem Jahr auf Druck von diversen Studierendenorganisationen nach, eine gesetzliche Pflicht wie in Schottland gibt es in Österreich nicht. Für Steinbrugger braucht es allerdings nicht nur zur Verfügung gestellte Produkte, sondern auch Bemühungen zur Bewusstseinsbildung, Vorträge und Workshops zu dem Thema. Außerdem spiele Nachhaltigkeit oft noch eine zu geringe Rolle beim vorhandenen Angebot.

»Zwischen 10.000 und 17.000 Tampons braucht eine Frau durchschnittlich in ihrem Leben, rund 3000 Tage verbringt sie menstruierend. «

Zaghafter Wandel

"Seit drei, vier Jahren rückt das Thema immer weiter ins Zentrum", sagt die stellvertretende ÖH-Vorsitzende Naima Gobara (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS). Gegenstimmen, etwa vonseiten des Rings Freiheitlicher Studenten, die auch die hohen Kosten bemängeln, gibt es natürlich auch. Trotzdem würde mittlerweile rund ein Viertel der österreichischen Hochschulen kostenfreie Artikel anbieten. "Viele wehren sich, weil es den Universitäten zu teuer erscheint und die Angst besteht, Studierende würden das Angebot missbrauchen. Das halte ich aber für irrationale Ängste", so Gobara.

Dabei melden jene Institutionen, die Menstruationsartikel in Toiletten anbieten, positiv zurück. Das Angebot würde gut angenommen. Viele Institutionen arbeiten mit. Ein großer Faktor für den zaghaften Wandel sei wohl immer noch die Tabuisierung der Thematik, meint ÖH-Vertreterin Gobara. Auch hier könnte Bewusstseinsbildung nicht schaden.

Tipp

Die Uni Wien hat Spender an elf Standorten, etwa am Juridicum, am Hauptgebäude und im HSZ Campus. Unter erdbeerwoche.com kann man sich über nachhaltige Periodenprodukte informieren.

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