Eine Nachwahl in dem Bundesstaat am 6. Dezember könnte über die Mehrheit im Senat entscheiden.
Wien/Atlanta. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich: Wie bei den Präsidentschaftswahlen 2020 und bei den Senats-Nachwahlen 2021 rückt auch bei den „Midterms“ der US-Staat Georgia ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn bei dem Urnengang in dem rund elf Millionen Einwohner zählenden Bundesstaat im Südosten der USA lief es am Mittwoch auf eine Stichwahl hinaus. Zwar hatte Amtsinhaber Raphael Warnock, ein Demokrat und Ex-Pastor, einen knappen Prozentpunkt Vorsprung auf den Trump-Schützling Herschel Walker. Allerdings sah es eher nicht danach aus, als würde Warnock die „Absolute“ erreichen, weil ein Dritter, der Libertäre Chase Oliver, rund zwei Prozent der Stimmen sammelte.
Alles deutete auf eine Stichwahl am 6. Dezember, am Nikolotag, hin. Falls das Rennen um den Senat bis dahin offen ist, könnte der Showdown in Georgia darüber entscheiden, ob Biden zur „lame duck“ degradiert wird, oder ob seine Demokraten zumindest im Senat die Mehrheit behalten.
Ausgerechnet Georgia. Vor zwei Jahren färbte sich der Bundesstaat bei der Präsidentschaftswahl blau. Biden hatte dort eine hauchdünne Mehrheit, woraufhin Trump und seine Epigonen Georgia ins Zentrum ihrer Lügengeschichte von der gefälschten Wahl stellten. Im Vorjahr dann waren wieder alle Augen auf Georgia gerichtet, weil eine Wahl dort über die Mehrheit im Senat entschied. Am Ende schrieb Warnock ein Stück Zeitgeschichte, weil er als erster schwarzer Demokrat für Georgia in den Senat einzog.
Spätestens mit Warnocks Sieg war es Gewissheit: Der konservativ geprägte „Peach State“ ist keine republikanische Festung mehr. Aber er ist auch (noch) keine demokratische. Sondern ein „Swing State“. Dass das Pendel in beide Richtungen ausschlagen kann, belegte am Dienstag die mühelose Wiederwahl des republikanischen Gouverneurs Brian Kemp, der aber keinesfalls zum Lager der Trump-Fans zählt. Der populäre Gouverneur hatte sich 2020 von Trumps Lügen über die gefälschte Wahl distanziert. Für Trump sind das eher keine guten Nachrichten. Der Rückweg ins Weiße Haus führt über Georgia, wo Trump 2020 Federn ließ. Vor ihm und seit 1980 hat nur ein einziger Republikaner, nur Bush senior, 1992 in dem Bundesstaat verloren.
Trump setzte im Senatsrennen auf Ex-NFL-Star Walker. Aber der 50-Jährige machte früher im Football-Stadium bessere Figur als nun in der politischen Arena. Seine Kampagne ist skandalumwoben. Beispiel: Walker inszeniert sich als frommer Christen und strikter Abtreibungsgegner, was aber nicht zu Berichten passt, wonach er einer von ihm geschwängerten Frau 2009 eine Abtreibung angeraten und bezahlt haben soll. Walker zweifelt übrigens nicht nur die Wahl 2020 an. Er glaubt auch nicht an die Evolution.