Brüssel-Briefing

Die EU wettet 18 Milliarden Euro auf den Sieg der Ukraine

Kiew Anfang November
Kiew Anfang NovemberIMAGO/ZUMA Wire
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Die Kommission schlägt vor, dass die EU gut die Hälfte der ukrainischen Staatsausgaben des kommenden Jahres finanzieren soll. Diesem Finanzmanöver wohnt eine geopolitische Grundsatzentscheidung für Kiew inne, die langfristige Folgen haben wird.

Hier ist etwas, das Sie vermutlich ziemlich überraschen wird: die rasante Inflation erleichtert es der EU, der Ukraine dauerhaft finanziell zu helfen. Und zwar aus folgendem Grund (setzen Sie sich entspannt hin, drücken Sie den zweiten Espresso des Morgens aus der Maschine, es wird nun ein wenig kompliziert): die Ausgaben aus dem Unionshaushalt, der dem Wesen nach über die Jahre 2021 bis 2027 festgeschrieben ist, werden mit der fixen, rein hypothetischen Inflationsrate von zwei Prozent pro Jahr preisangepasst. Zugleich aber dürfen die jährlichen Zahlungen aus diesem Budget in Summe 1,4 Prozent des Bruttonationaleinkommens der 27 Mitgliedstaaten nicht übersteigen (für die Dauer des Corona-Wiederaufbaufonds Next Generation beträgt diese Grenze zwei Prozent, für die Ukraine-Hilfe gelten aber weiterhin die 1,4 Prozent). Nun wächst dieses kumulierte Einkommen der 27 Staaten aber viel stärker als die zwei Prozent, welche für die Ausgaben aus dem EU-Haushalt gelten. Im Oktober lag die Teuerungsrate in der Eurozone beispielsweise bei 10,7 Prozent. Logische Folge: der buchhalterische Spielraum zwischen den jährlichen tatsächlichen Ausgaben und ihrer durch die hohe Inflation nach oben getriebenen Höchstgrenze wächst - und zwar so rasant, wie man das vor einem Jahr noch nicht hätte erwarten können.

Dieser unerwartete Spielraum für „negative wirtschaftliche Entwicklungen“ und „unvorhergesehene Kosten“ (so umschreiben das die Fachbeamten der Generaldirektion Budget unter Kommissar Johannes Hahn) macht jenen Vorschlag vom Mittwoch möglich, der die durch den russischen Vernichtungskrieg ausgelösten Finanznöte Kiews zumindest für das Jahr 2023 ausräumen soll. Die Kommission möchte der Ukraine einen Kredit über 18 Milliarden Euro geben, der durch das EU-Budget besichert ist - konkret durch jenen eingangs beschriebenen rechnerischen Spielraum. Das wären monatlich 1,5 Milliarden Euro, was angesichts der drei bis vier Milliarden Euro, welche die ukrainische Regierung jeden Monat benötigt, um das Land trotz Krieg halbwegs am Laufen zu halten, ungefähr die Hälfte der ukrainischen Staatsausgaben ausmacht. Die andere Hälfte soll von den anderen westlichen Verbündeten kommen, allen voran den Vereinigten Staaten (und deren fortgesetzte Unterstützung Kiews im Kampf gegen die russische Diktatur ist nach dem Ergebnis der Kongresswahlen vom Dienstag, welches den Republikanern die Senatsmehrheit verwehrt haben dürfte, anzunehmen).

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