Der deutsche Politologe Markus Kaim glaubt, dass die Wende in Cherson eine Verhandlungslösung momentan noch „unwahrscheinlicher“ macht. Putin, fürchtet er, werde weiter versuchen, die Infrastruktur in der Ukraine „kurz- und klein zu schlagen“.
Welche Folgen hat der angekündigte Rückzug Russlands vom Westufer in Cherson für diesen Krieg?
Der Rückzug ist politisch gewichtiger als militärisch, ohne dass ich das andere kleinreden will. Aber entscheidend ist, dass eine Großstadt, die von russischer Seite besetzt worden ist, wieder an die Ukraine fällt. Das illustriert bildhaft die Entwicklungen seit sechs bis acht Wochen. Die ukrainische Offensive spitzt sich zu. Sie ist zwar weit davon entfernt, die Russen aus dem Land zu werfen. Aber für das ukrainische Narrativ ist das alles Gold wert.
Wie könnte es jetzt weiter gehen?
Es wird jedenfalls kein schnelles Kriegsende geben. Das wäre ja nur zu erwarten, wenn die eine Seite der anderen derart militärisch unterlegen ist, dass sie kapitulieren muss und danach sieht es nicht aus. Die zweite Möglichkeit fällt im Moment auch weg, nämlich jene eines Erschöpfungs-Waffenstillstands.
Die Möglichkeit einer Verhandlungslösung rückt in weite Ferne?
Für den Moment werden direkte Verhandlungen unwahrscheinlicher, weil die Ukraine ja keinen Anlass hat, politisch in die Knie zu gehen. Ganz im Gegenteil: Das gibt denen Oberwasser in Kiew, die sagen: „Wir holen uns die Krim zurück.“
Halten Sie das für möglich?