Obsorge

Frauenorganisationen warnen: Geplante Kindschaftsrecht-Reform sei "antifeministisch"

Der Österreichische Frauenring ortet eine Novelle unter dem Deckmantel der Gleichstellung. Größter Kritikpunkt ist eine mögliche Automatisierung von Doppelresidenz und geteilter Obsorge. Dadurch würden sich Unterhaltszahlungen "massiv" verringern.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag haben mehrere Frauenorganisationen Kritik an der geplanten Kindschaftsrecht-Reform geäußert. Diese sei "antifeministisch", werde intransparent abgehandelt und binde Frauenorganisationen nicht genug ein, klagte Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. Laut ihr liegt bereits seit Sommer 2022 ein entsprechender Entwurf vor, der etwa eine automatische gemeinsame Obsorge und die Doppelresidenz vorsieht.

"Wir verwehren uns nicht gegen eine Reform, die aus familienrechtlicher Sicht mehr als notwendig ist, wir verwehren uns gegen die Vorhaben dieser Reform, wo feministische Ansätze mehr als dürftig sind", sagte Frieben. Größter Kritikpunkt war eine mögliche Automatisierung von Doppelresidenz und geteilter Obsorge bei getrennt lebenden Eltern. Dadurch würden sich Unterhaltszahlungen "massiv" verringern, was "aufgrund der aktuellen Einkommen von Frauen auch hier den Weg in die Frauen- und Kinderarmut bedeutet".

Expertin: „Kind wird zur Ware"

Beabsichtigt sei auch, mit einer Betreuungs-App die Betreuung zu Regeln und den Unterhalt zu berechnen. Dadurch werde das Kind zur Ware, kritisierte Frieben. Damit greife der Staat erheblich in die Gestaltung des Privat- und Familienlebens ein, bemängelte Familienrechtsanwältin Christine Kolbitsch.

Sie kritisierte auch, dass Vertreterinnen von Frauenorganisationen nicht in das Gesetzgebungsprojekt eingebunden werden. Im Herbst 2021 habe es zwar Einzelgespräche von Vertreterinnen mit der Justizministerin gegeben, danach wurde man aber nicht mehr über Neuerungen informiert. Über die Inhalte der Reformen wisse man daher nur "vom Hörensagen".

Aus dem Justizministerium heißt es dazu, dass der Entwurf derzeit erarbeitet werde. Wie bisher werde es auch in Zukunft Gespräche mit Stakeholdern und Frauenorganisationen geben. Ziel sei eine "feministische Reform" mit Fokus auf Frauen- und Kinderrechte sowie Gewaltschutz.

Unterstützung vom Staat dringend notwendig

Damit etwa eine Doppelresidenz funktionieren könne, brauche es Unterstützung vom Staat, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bei der Betreuung, sagte Christine Laimer, Diplompsychologin von "die Brücke - Arbeitsgemeinschaft für Familien im Umbruch". "Es braucht dringend Lohntransparenz und bessere Bezahlung der Care-Arbeit".

Ein weiterer großer Kritikpunkt seien die langen Verhandlungsdauern und damit oftmals verbundenen hohen Anwaltskosten, so Andrea Czak, geschäftsführende Obfrau von"Feministische Alleinerzieherinnen". An die Justizministerin appellierte sie: "Wollen sie wirklich, dass sie die Väterrechtler feiern, und nicht die Feministinnen?"

Gleichstellung könne mit diesem Gesetz nicht erreicht werden, betonten die Vertreterinnen abschließend. Es brauche staatliche Unterhaltsgarantie für jedes Kind, eine Evaluierungsstudie der letzten Reform und weitere Gespräche, anstatt automatischer gemeinsamer Obsorge oder Doppelresidenz.

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