Streamingtipps

Diese neuen Serien sind nichts für Denkfaule

Die Science-Fiction-Serie „Peripheral“ spielt mit virtuellen Welten, die „White Lotus“-Fortsetzung weckt Begehren, das topbesetzte „Souls“ lässt Seelen wandern und in „The Old Man“ ist Jeff Bridges allen einen Schritt voraus.

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The Peripheral (Peripherie)

Virtuelle Welt fühlt sich echt an
Zu sehen auf Amazon Prime

„Ich kann nicht weiter so tun, als würde ich in einer Sim leben“, sagt Flynne Fisher (Chloë Grace Moretz), die in der nahen Zukunft irgendwo in der amerikanischen Provinz lebt und sich um ihre todkranke Mutter kümmert. Sims werden jene Computersimulationen genannt, in denen ihr Bruder Burton (Jack Reynor) sein Geld verdient. Man kann ihn mieten für virtuelle Kämpfe, und wenn man Glück hat, ist es nicht Burton, sondern Flynne, die den Controller hält, denn ab und zu hat sie doch Lust zu spielen. Weil sie das richtig gut kann, wird sie ausgewählt, einen Prototyp zu testen: ein VR-Headset, das sich wie zwei metallene Hände um ihren Kopf legt. Flynne taucht ein in ein futuristisches London, entvölkert und vollgebaut mit riesigen Denkmälern. Auf ein rasantes Abenteuer folgt die Ernüchterung: Nicht nur diese Welt fühlt sich echt an, auch der Schmerz. In Flynne keimt der Verdacht: Was, wenn diese Realität keine virtuelle ist?
Aus William Gibsons Roman haben die Produzenten Lisa Joy und Jonathan Nolan („Westworld“) eine komplexe Science-Fiction-Serie mit zwei Zeitebenen gewoben, der nicht immer leicht zu folgen ist. Ein virtuoses Schaustück, dessen acht Folgen im Wochenrhythmus veröffentlicht werden. (her)

The White Lotus

Verwöhnte Urlauber, Staffel zwei
Zu sehen auf Sky

Es wird Tote geben. So viel ist von Anfang an klar. Wie schon in der ersten Staffel von Mike Whites genialer Serie über amerikanische Luxushotelgäste wird die Eskalation der Geschehnisse aber genussvoll hinausgezögert – und dabei eine meisterhaft erzählte, rauschhaft stilisierte Satire geliefert: Statt auf Hawaii spielt die neue Staffel in der sizilianischen Dependance des titelgebenden Urlaubsresorts. Und statt um Anspruchsdenken und Privilegien als zentrales Thema drehen sich die verflochtenen Handlungsstränge diesmal vorrangig um Sex und Begehren – als Sehnsuchtsobjekt, als Statussymbol, als Druckmittel, als Ware und als menschlicher Handlungsmotor.

Nicht ganz so bissig wie die erste Staffel, zeichnet die zweite immer noch stark ausgeprägte, innerlich tief verunsicherte Figuren: die Diva Tanya (Jennifer Coolidge), die ihre Assistentin auf einen Romantikurlaub mitschleppt und sich bei der Vespa-Tour höchst expressiv an einer Mücke verschluckt. Zwei Yuppie-Pärchen (u. a. mit Aubrey Plaza), die einen Kampf um die bessere Beziehung austragen. Und ein Opa-Vater-Sohn-Gespann, bei dem sich jeder auf seine Art für die beiden lokalen Escort-Damen, die sich ins Hotel schleichen, interessiert ... (kanu)

Souls

Komplexe Seelenwanderung
Zu sehen auf Sky

Es hätte Tote geben können. Hanna ist bei einem Unfall mit dem Auto ins Wasser gestürzt. „Wo ist mein Sohn?“, keucht sie, als sie aus der Ohnmacht aufschreckt. Jakob geht's gut. Er hat das Unglaubliche geschafft und alle aus dem Wasser gezogen. Seither bekreuzigt man sich vor ihm. Er spricht plötzlich Schwedisch, das er nie gelernt hat. Und bald ist er überzeugt, schon einmal gelebt zu haben: als Pilot jenes schwedischen Flugzeugs, das vor 15 Jahren abgestürzt ist.
Es ist nicht das einzige Rätsel, das die topbesetzte Serie „Souls“ ihren Zuschauern aufgibt. Sie verknüpft zwei Zeitebenen und drei Erzählstränge (und erzählt in „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Manier auch immer wieder vom letzten Tag des Piloten). Neben Hanna (Brigitte Hobmeier) und Pilotenfrau Allie (Julia Koschitz) ist da noch Linn (Lili Epply), die sich einer Sekte anschließt, die Reinkarnation verspricht. Jede der Frauen wird von einer eigenen erzählerischen Tonalität begleitet: nachdenklich bei Hanna, überdreht bei Allie (sie kommentiert launig aus dem Off). Um Linn weht indes ein Hauch von Sci-Fi. So führt die alte Frage nach der Seelenwanderung in ein komplexes Labyrinth, das einen mysteriösen Sog entwickelt. (i. w.)

The Old Man

Vom Greis zum Action-Helden
Zu sehen auf Disney +

„The Old Man“ beginnt wie eine Tragödie über einen einsamen alten Mann aus der Provinz. Schwer auf den Beinen, schusselig und umnachtet, glaubt man den Witwer bald im Altersheim oder tot. Aber es kommt eine unerwartete Wendung. Ein Killer bricht bei dem lethargischen Eremiten ein, der ratzfatz zum schlagkräftigen Selbstverteidiger mutiert. Plötzlich hat sich das vermeintliche Demenz-Drama in einen Agententhriller verwandelt. Egal, was FBI, CIA oder ein afghanischer Warlord gegen Dan Chase aufwenden, stets ist der untergetauchte Ex-Spion stärker und schlauer als seine Verfolger.
Freilich: Glaubwürdig ist es nicht, wie der 72-jährige Jeff Bridges vom gebrechlichen Greis zum Jason-Bourne-artigen Actionhelden wird. Aber die Serie lebt von ihren Täuschungen und Genre-Wechseln, es entsteht ein komplexes – manchmal unnötig kompliziertes – Plot-Puzzle. Etwas zu exotische Rückblenden zum Sowjetisch-afghanischen Krieg in den 1980ern erklären Hintergründe. Vieles kommt überraschend, anderes wirkt kalkuliert. Nicht nur Bridges, auch Komiker John Lighthow, der seinen spießigen Rivalen vom FBI spielt, sind jedoch eine qualitative Konstante. (mt)

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