Flächenwidmung gegen Spende lastet die WKStA dem grünen Ex-Gemeinderat Chorherr und neun prominenten Unternehmern an. Sie alle bestreiten die Vorwürfe. Die „Presse“ berichtete live.
Wer in Wien eine Flächenwidmung wollte, musste an den, vom damaligen Gemeinderat Christoph Chorherr (Grüne) gegründeten, Verein „S2Arch“ bzw. das afrikanische Schulprojekt „Ithuba“ spenden. So erzählt es die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). „So einfach ist das Leben nicht“, kontern die Verteidiger von Chorherr und neun weiteren Angeklagten, darunter der Industrielle Michael Tojner, der Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger, der Investor René Benko sowie die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler. Denn: Ja, es sei gespendet worden, mit Bauvorhaben wie dem umstrittenen Wiener „Heumarkt-Projekt“ (Tojner), den „Triiiple“-Wohntürmen (Soravia), Projekten in der Seestadt Aspern (Kerbler) oder am Hauptbahnhof (Benko) habe das aber nichts zu tun. Soll heißen: Es gilt die Unschuldsvermutung.
Das betonte am Montag auch der Hauptangeklagte Chorherr selbst – erst in einem, mit etlichen mitgebrachten Fotografien unterlegten Eingangsstatement, dann in der Befragung durch Richter Michael Tolstiuk. Dazu nahm er die zwölf Schöffinnen und Schöffen mit energischer Stimme und heftig gestikulierenden Armen mit auf eine Reise in die 90er Jahre, als in Südafrika das Apartheidregimes endete und den Beginn der Hoffnung auf politische Veränderungen markierte. Er habe helfen wollen, führte Chorherr aus – „nicht mit Geld, sondern mit Bildung“. So habe das Projekt „Ithuba“ seinen Lauf genommen. Er habe Spenden gesammelt, um – in Kooperation mit Hochschulen und Architekturstudierenden – Schulen und Kindergräten errichten zu können. Immer wieder sei er deswegen auch nach Südafrika geflogen, um sich zu versichern, dass alles seine Ordnung habe.
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Im Geheimen sei nichts passiert, betonte Chorherr. Im Gegenteil, er habe 2011 sogar öffentlich publiziert, wie „Ithuba“ funktioniere: „Es ist schon besonders perfide, etwas so geheim zu machen, dass es in einem Büchel steht, das es gibt.“ Dennoch, Fehler seien passiert, räumte er ein und meinte damit, dass er 2010, als die Grünen in Wien in die Regierung kamen, den Obmannposten des Vereins hätte räumen sollen. „Aus Naivität oder Begeisterung für das Projekt“ habe er das aber verabsäumt. Diese „schiefe Optik“ tue ihm sehr leid – auch für die anderen Angeklagten. Tatsache sei aber: „Ich habe nicht formal Einfluss nehmen können", sagte der einstige Planungssprecher. Einerseits, da Widmungen stets „höchst transparent“ wie auch langwierig abgelaufen seien, andererseits weil nicht er, sondern Maria Vassilakou damals Planungsstadträtin gewesen sei. Außerdem: „Wenn ich etwas unsachgemäß gemacht hätte, hätte sich das in Lichtgeschwindigkeit“ im Rathaus herumgesprochen.
Stichwort: sprechen. Als Planungssprecher habe er mit Bürgern wie Bauträgern gesprochen, nach Details gefragt. So auch beim umstrittenen Heumarkt-Projekt für den letztlich Tojner den Zuschlag erhielt. Nach einem internationalen Architekturwettbewerb – nicht nach Spenden seitens des Investors an den Verein „S2Arch“, wie Chorherr lautstark betonte: „Darf ich Emotion zeigen? Wegen 5000 Euro manipuliere ich alle? Hallo?“ Etwas ruhiger führte er aus, dass alle hier und heute angeklagten Projekte respektive Widmungen auch ohne Spenden genauso realisiert worden wären, wie sie es eben seien. Überhaupt habe er gar nicht über alle Spenden Bescheid gewusst. Was er aber wisse: Es sei niemand begünstigt worden, „außer jene 500 Kinder, die auch heute noch die zwei Schulen besuchen“.
Die WKStA sieht das anders und führte ins Treffen, dass die Spenden angestiegen seien, als die Grünen 2010 in die Wiener Regierung eingezogen seien. „Ich habe den Anschein unterschätzt“, gab sich Chorherr reumütig. Er habe „nicht im Entferntesten“ daran gedacht, dass ein Konnex zwischen Spenden an seinen Verein (dessen Obmannschaft er erst 2018 zurückgelegt hat) und seiner Arbeit im Gemeinderat respektive als Planungssprecher gesehen werden könnte. „Das tut mir sehr leid.“ Nicht leid tue ihm hingegen, dass sein Verein kein ausgeprägtes Dankesprozedere gehabt habe. Sprich, dass Spendern nicht automatisch Dankesschreiben zugekommen seien. Das könnte man zwar als unhöflich auslegen, habe ihm aber womöglich einiges erspart, meinte Chorherr. Insofern: „Ich bin froh, dass ich Benko nicht geschrieben habe.“
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