Künstlerhaus

Ukrainische Perchten und Geister

Ein verbindender Gruß nach Europa: Gera Artemova fotografierte die Perchten der Karpaten.
Ein verbindender Gruß nach Europa: Gera Artemova fotografierte die Perchten der Karpaten.(c) Gera Artemova
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14 junge Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine heben zur großen ästhetischen Klage an: Im Verteidigungskampf der Nation wird Kunst zur „weichen“ Waffe.

Womit behelfen sich Künstler in nomadischen Zuständen, in denen sich Teile der ukrainischen Kunstszene befinden? Sie nehmen das Material, das ihnen zur Verfügung steht, Berge an Melde-Dokumenten etwa. Maria Kulikovska versah 130 dieser Formulare mit üppigen Aquarellen opulenter Blüten und Körperteile. Eine ganze Wand in der „Factory“ des Wiener Künstlerhaus-Vereins ist mit ihnen übersät. Und auch in Linz ist die 1988 auf der Krim geborene Künstlerin derzeit präsent: „My Body is a Battlefield“ (bis 20. November, Francisco Carolinum).

Mehrere Ausstellungen junger ukrainischer Künstlerinnen und Künstler ergänzen sich zurzeit zu einer ästhetisch eindrücklichen Klage, die in völlig unterschiedlichen Tonalitäten und Medien anhebt. Das ist im Keller des BA-Kunstforums so, bei „Der Tod und das Mädchen“. In der umfangreicheren Schau „Contrapunct“ im Obergeschoß des Künstlerhauses sowieso. Eingeladen hat die in Wien lebende Yana Barinova, bis zum Krieg Kulturstadträtin von Kiew, jetzt bei Erste Stiftung und Kunstmesse Viennacontemporary angedockt. Mehrere Ausstellungen kuratierte sie bereits in Österreich, die aktuelle soll jetzt aber nicht mehr den Krieg als solchen ins Zentrum stellen, sagt sie, sondern die „kulturelle Diversität“ der Ukraine, zu der Avantgarde, Kulturerbe, besondere Natur- und Tierliebe, aber auch der Umgang mit Katastrophen gehören.

Ein ukrainisches Gastein

Wie mit nachbarschaftlichem Gruß beginnt die Schau mit schrecklich vertrauten Gestalten: Gera Artemova hat frontal die schrille Perchtentradition des huzulischen Karpatendorfs Kosmach fotografiert, in dessen Cross-Kostümierung sie auch queere Elemente ortete. Eine Art ukrainisches Gastein sozusagen. Verstörend die fragilen Kinder-Porzellanfiguren, die Julia Beliaeva vor historische Hintergründe montierte, womit sie an die Wiederholung humanitärer Katastrophen im Land erinnert – Tschernobyl, die Hungersnot Holodomor der 1930er-Jahre. Holocaust. Krieg.

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