Randerscheinung

Alles ist Handy

Carolina Frank
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Während die Erwartungen in Richtung Sommer- und Winterferien seit Generationen für alle Generationen irgendwie klar abgesteckt sind, sind die Herbstferien noch auf der Suche nach ihrer Identität.

Die Erziehung des Jüngsten fühlt sich für mich gerade an, wie es das Wort selbst suggeriert: wenn er (ich) nicht zieht, passiert gar nichts. Und wenn ich ziehe, eigentlich auch nicht wirklich. Dabei macht niemand etwas falsch, kommt mir zumindest vor. Mein Sohn ist ein angehender Teenager, die hängen eben rum, und wenn etwas Energie verfügbar ist, fließt diese schnurstracks in Widerspruch. Ich weiß das im dritten Durchgang natürlich, es regt mich auch nicht besonders auf, aber ich habe keine Lust, mich mit allen noch vorhandenen Kräften entgegenzustellen.

Was mir jüngst den Vorwurf eingebracht hat, mich manchmal wie ein Wochenendvater zu verhalten, nur eben ganze sieben Tage lang. Also nur mehr den „good parent“ zu geben. Da ist leider etwas dran. Aber es liegt nicht nur an meiner Faulheit, sondern auch daran, dass ich es oft nicht richtig weiß. Also weder die Zeitenbildung im Englischen (wir haben erst kürzlich darüber gesprochen) noch die gute Lösung des neben dem Zähneputzen zentralsten aller Erziehungsprobleme: der Handyfrage. Ich zum Beispiel schreibe diese Zeilen am Handy, um sie dann an die hiesige Chefredaktion zu schicken, danach werde ich meine Mails checken, die Nachrichten online lesen (das mache ich laufend), etwas überweisen (leider fast genauso oft), mein Buch weiterlesen, in der NBA-App die letzten Partien nachschauen, Rechnungen fürs Büro freigeben und, und, und. Vieles davon ist Arbeit, vieles Zeitvertreib, vieles meine Interessen.

Alles ist Handy. Bei meinem Sohn, der mit seinem Handy eine ebenso große Bandbreite abdeckt (von Hausaufgaben bis zur Freundschaftspflege), läuft das alles unter Bildschirmzeit, wird also behandelt wie Gaming. Ich weiß, das ist notwendig. Ob es richtig ist, weiß ich aber nicht. 

("Die Presse Schaufenster" vom 11.11..22)

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