Antisemitismus

Verbotsgesetz: Judensterne bei Corona-Protesten künftig strafbar

„Da darf es null Toleranz geben“, verkündete Justizministerin Alma Zadić bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler.
„Da darf es null Toleranz geben“, verkündete Justizministerin Alma Zadić bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler.APA/HELMUT FOHRINGER
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Auf Basis des Gerichts einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe sollen NS-Verharmlosung und Antisemitismus bald strenger bestraft werden. Eine Verurteilung soll etwa automatisch zum Jobverlust im öffentlichen Dienst führen.

Die Regierung verschärft das Verbotsgesetz. Das haben am Montag Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nach Vorliegen eines Berichts einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe angekündigt. Demnach wird etwa auch strafbar, wenn einschlägige Inhalte vom Ausland aus mit Zielrichtung Österreich gepostet werden. Zudem erfolgt bei einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch der Jobverlust im öffentlichen Dienst.Zadić meinte bei der Pressekonferenz Montagvormittag, dass jede Form von NS-Verharmlosung und Antisemitismus ein nicht tolerierbarer Angriff auf österreichische Werte sei: "Da darf es null Toleranz geben." Antisemitismus habe in Österreich keinen Platz, unterstrich auch Edtstadler. Österreich habe zwar eine strenge Rechtslage, aber man schaue nun, wo man noch effektiver sein könne.

Strafverschärfung bei Besitz von NS-Devotionalien

Das beginnt bei der Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit. Künftig soll gemäß Verbotsgesetz alles strafbar sein, was in Österreich auch abrufbar ist. Das heißt, wenn jemand - wie laut Zadić in der Vergangenheit schon öfter der Fall - aus Spanien etwas in Österreich Verbotenes poste, kann in Zukunft auch die heimische Justiz tätig werden. Für den Leiter der Arbeitsgruppe, Gerhard Baumgartner, Chef des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), ist dies eine zeitgemäße Antwort auf digitale Kommunikation. Hier sei das Verbotsgesetz schon in die Jahre gekommen.

Nachgeschärft wird auch bei NS-Devotionalien. Derzeit ist es so, dass Gegenstände nur eingezogen werden können, wenn Wiederbetätigung vorliegt. Bloßer Besitz ist nicht strafbar. So gebe es etwa keine Handhabe, wenn jemand einen SS-Ehrenring nicht hergeben wolle, erläuterte Zadić. Nun werde man z.B. diesen auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr ziehen können.

Judensterne bei Corona-Protesten künftig strafbar

Reagiert wird auch darauf, dass z.B. im Rahmen der Corona-Proteste Judensterne getragen wurden, um eine vermeintliche Diskriminierung Ungeimpfter darzustellen. Dies wird laut den vorliegenden Plänen künftig verfolgbar sein. Denn aus dem Begriff gröbliche Verharmlosung wird das gröblich im Verbotsgesetz herausgestrichen.

Für Aufsehen gesorgt hatte jüngst ein Mitglied des Bundesheers, das sein Amt nicht verlor, obwohl es sogar in einer SS-Uniform posierte. Gemäß den nunmehrigen Plänen wird eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch zu einem Amtsverlust führen.

Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz gab es im Vorjahr 226. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber den Jahren davor. So waren es etwa 2019 und 2020 nur 151 bzw. 144. Früher blieb man sogar im zweistelligen Bereich. So gab es etwa 2015 nur 79 Verurteilungen.

Eine gewisse Lockerung ist ebenfalls vorgesehen. Die Möglichkeit einer Diversion soll jetzt auch erwachsenen Ersttätern geboten werden. In manchen Fällen wirke ein Rundgang in Mauthausen mit entsprechenden Ableitungen mehr, meinte Edtstadler. Baumgartner meinte diesbezüglich, dass die Regierung hier strukturierte Pläne erstellen müsse.

Bericht am Mittwoch im Ministerrat

Vorgestellt werden sollen Bericht und Vorhaben am Mittwoch im Ministerrat. Danach will man die legistische Umsetzung angehen.

Bis dahin will die SPÖ mit einer endgültigen Beurteilung noch abwarten. Doch äußerte sich die Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, insgesamt positiv. Viele der angekündigten Maßnahmen könnten wichtige Lücken in der Strafverfolgung holocaustrelativierender und antisemitischer Handlungen schließen, meinte sie in einer Aussendung.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch dankte den zuständigen Ministerinnen für die Initiative. Die Verharmlosung der Shoah sei nicht nur eine Verhöhnung der Opfer, sondern auch ein Katalysator für antisemitische Vorfälle bis hin zu Gewalttaten. Wichtig sei nun, dass der neue Rahmen in der Praxis effektiv und umfassend genutzt und umgesetzt werde, um seine volle Wirkung zu entfalten.

Ebenfalls positiv äußerte sich das Mauthausen-Komitee. Jetzt hoffe man, dass es noch gelinge, Materien wie das Abzeichengesetz und das Symbolegesetz untereinander und mit dem Verbotsgesetz besser zu koordinieren: "So ist es absurd, wenn etwa bei Verwendung von Symbolen der Muslimbruderschaft Geldstrafen bis zu 10.000 Euro verhängt werden und bei Verwendung von NS-Symbolen nur Geldstrafen bis zu 4000 Euro", meinte Vorstandsmitglied Robert Eiter, der in der Arbeitsgruppe vertreten gewesen war.

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