Range Rover

Wir machen ein Fass auf

(c) Juergen Skarwan
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Großer Jahrgang: Range Rover als Cuvée aus V6 und Elektro.

Die englische Autoindustrie, einst mächtigste Europas, hat über die Jahrzehnte Gewächse von, sagen wir, schwankender Brillanz hervorgebracht. Nicht für jeden Rover oder Jaguar wollte man auf unserer Seite der Straße seinen BMW oder Mercedes stehenlassen.

Als allseits verlässliche Größe kann indes der Range Rover vom Hersteller Land Rover gelten – oder fällt uns noch eine andere Baureihe von der Insel ein, die durchgehend seit über einem halben Jahrhundert (genau: seit 1970) den Kanal überquert, wo Fans und Freunde auf sie warten? Dem Range Rover ist etwas ganz Seltenes geglückt: Er hat seine Kategorie nicht nur erschaffen, er vertritt sie bis heute so gut wie im Alleingang.

Freilich gibt es luxuriöse Offroader anderer Marken, deren Kennzahlen man schon in einen Vergleich schicken kann. Aber am Ende stehen sie gegen den Rangey doch banal und beliebig da. Es ist seine gut abgestimmte Mischung aus Fähigkeiten und Haltungsnoten, die ihn mit der Aura der Ausnahmeerscheinung umgibt: unerbittliche Geländetauglichkeit, selbst wenn die Hardcore-Bauweise längst gewichen ist, mit dem einzigen Makel, dass Besitzer sie kaum je annähernd ausschöpfen; fast schon frivoler Flauscheluxus an Bord plus Leistungsbereitschaft in allen Belangen, stets den Eindruck völliger Mühelosigkeit vermittelnd, und schließlich diese Statur mit dem gewissen aristokratischen Ausdruck: imposant, aber nicht protzend oder auftrumpfend, wie es bei den Deutschen dann immer aussieht.

»Pompöser denn je, aber immer noch mit der klasse, die ihn ausmacht.«



Und vielleicht sind diese Stärken noch nie so deutlich hervorgetreten wie bei der neuesten Generation, der fünften: pompöser denn je, wobei nichts von seiner Klasse verloren gegangen ist – eben von der Kunst, am wenigsten neureich und aufschneiderisch von allen Luxus-SUVs zu wirken. Der Range Rover schafft es, kleiner und dezenter zu erscheinen, als es seine Abmessungen – 5,25 Meter in der Langversion, über fünf Meter als Standard, 1,87 Meter hoch – nun einmal sind. Einen Hinweis darauf liefern die 22-Zoll-Räder, die an dem Fahrzeug nicht überdimensioniert wirken.

Tunlichst hat man es unterlassen, äußerlich viel zu verändern. Noch bündiger verschliffen wirken die Übergänge von der Karosserie zum Glashaus, auf dem das Dach zu schweben scheint. Markant outet sich das neue Modell am ehesten von hinten – mit schwarzen Leisten, die sich erst illuminiert als Leuchten und Blinker zeigen.

An Bord schlüpft man umgehend in die „Commanding Position“ eines luxuriösen Führerstands; dass man nicht alles einsehen kann, was von der Karosserie verstellt ist, lässt sich mit einem guten Dutzend Kameras kompensieren, die Bilder von der Umgebung ins zentrale Display spielen. Im Umgang mit diesem fällt gleich auf, dass man dem Bordsystem schnellere Prozessoren spendiert hat. Dass diese nur schleppend geliefert werden, hat bei Land Rover schon zu dramatischen Produktionsrückgängen geführt, auf lange Wartezeiten für seinen neuen Range Rover kann man sich gleich einmal einstellen.

(c) Juergen Skarwan
(c) Juergen Skarwan



Selbstredend ist der Range Rover mit allem beladen, was es an Assistenz, Konnektivität und Hightech-Gadgets so gibt, die Aufzählung unterlassen wir. Serienmäßig ist Luftfederung, die im Gelände einen Hochstand zaubert und auf der Autobahn den Platz in den Radkästen auf Null stellt. Ob es eingesetzt wird oder nicht, Offroad ist der Rangey immer noch eine Macht, fast schade, wenn man weder Berghang noch Flussquerung auf seinem Weg ins Büro hat. Die Wat­tiefe beträgt jedenfalls 900 Millimeter und ein eigenes Fahrprogramm sorgt für den richtigen Umgang mit der Bugwelle.

Während dies alles evolutionäre Verbesserungen zum Vorgänger sind, ist mit einer neuen Antriebsvariante bislang unbekanntes Terrain erklommen. Die Rede ist vom Plug-in-Hybriden, den wir in der stärkeren der beiden Varianten ausführten (den 2,0-Liter-Vierzylinder vom Vorgänger-PHEV vergessen wir ganz schnell). Sie erlaubt den Genuss des wunderbaren neuen Ingenium-Dreiliter-Reihensechszylinders ohne fiskalische Reue. Denn statt ein Vermögen für die NoVA zu blechen, entfällt diese gänzlich. Und es ist keine Mogelpackung, die da aufgetischt wird: Bei vollem Ladestand, dafür sorgt eine Batterie mit knapp 39 kWh Kapazität, fanden wir stets zwischen 90 und 99 Kilometer rein elektrischer Reichweite vor.

(c) Juergen Skarwan



Und die ist ein Genuss für sich: Die geschmeidige Lautlosigkeit, elastisch wie ein Gummizug, passt zum Charakter des Rangey, als hätte es nie anders sein dürfen. Es wäre grobe Unkultiviertheit, sich diese neue Seite im Repertoire entgehen zu lassen und aufs Stromtanken zu vergessen. Diesbezüglich diszipliniert und ausgewogen zwischen City und Langstrecke verhandelnd, kamen wir auf den Verbrauch eines Golfs. Erst mittels Nachdruck am Fahrpedal oder entsprechender Vorwahl mischt sich der Sechszylinder ins Geschehen. Kaum, dass man das hört. Auch die Geräuschdämmung, bei der mit allen Tricks von Schall und Gegenschall gearbeitet wird, hat ein neues Niveau der Stille an Bord erreicht. Muss kaum erwähnt werden, dass die Bowers&Wilkins-Anlage mit knapp drei Dutzend Lautsprechern ein Orchester an Bord zaubert, das einem gründlich die Gehörgänge durchputzt.

(c) Juergen Skarwan

Grand Cru unter den Luxus-SUV

In fünfter Generation bedeutet PHEV keinerlei Verzicht: E-Antrieb, eine potente Batterie für viel Zero-Emission-Reichweite und ein famoser Sechszylinder arbeiten Hand in Hand.

Name: LR Range Rover P510e
Preis: ab 155.798 Euro
Antrieb: R6-Zyl., 2996 ccm; Elektro
Leistung: 510 PS/105 kW elektrisch
Gewicht: 2810 kg (EU)
0–100 km/h: 5,6 Sekunden
Vmax: 242 km/h
Verbrauch: 6,7 l/100 km im Test
CO2: 21 g/km laut Norm

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