Die Ich-Pleite

Babys und Scheidungen nach dem Lockdown

Carolina Frank
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Trennen oder Kind? Wie sich der lange Lockdown auf unsere Beziehungen ausgewirkt hat, ist teils überraschend. Vielleicht hat der Babyelefant etwas damit zu tun.

Dass wir während des Lockdowns mehr getrunken, mehr Möbel gekauft, mehr Depressionen und mehr Herzinfarkte bekommen und mehr Streamingdienste in Anspruch genommen haben, wissen wir schon lang. Aber manche Folgen zeigen sich erst später. Sagen wir: neun Monate später. Nach dem großen Black-out in New York 1977 sollen ja neun Monate später um 35 Prozent mehr Kinder auf die Welt gekommen sein. Im Lockdown hätte man vielleicht Ähnliches erwarten können. Männer und Frauen sind über Wochen in der Wohnung festgesessen, ohne andere Vergnügungen als...

Aber interessanterweise ist die Geburtenrate während des langen Lockdowns 2020 zurückgegangen. Laut einer Studie unter 24 europä­ischen Ländern im Durchschnitt um 14 Prozent. Das Forschungsteam vermutet, dass es an der Angst vor dem Virus gelegen haben könnte. Vielleicht sind einem die Abstandsregeln auch schon in Fleisch und Blut übergegangen. Oder das Wort „Babyelefant“ hat unglückliche Assoziationen geweckt, bei denen das schreiende Baby und der Platzmangel im Home-Office ungut miteinander verknüpft worden sind. Da möchte ich jetzt niemanden etwas unterstellen. Ich weiß nur, dass meine Freundin Eva damals gesagt hat: „Ich weiß nicht, wie er es macht. Aber sein Home-Office ist die ganze Wohnung, und meines ist die Abstellkammer. Und immer, wenn die Kleine schreit, hat er gerade ein dringendes Telefonat. Ich war richtig froh, als ich Corona bekommen habe. Dann hatte ich wenigstens für ein paar Tage ein Zimmer für mich allein.“ Sicher ein Einzelfall.

Nach dem Lockdown hat sich Eva für einen Abstand für immer entschieden. Da war sie allerdings kein Einzelfall. Im Sommer 2020 ist die Scheidungsrate in Österreich um fast ein Viertel gestiegen.

("Die Presse Schaufenster" vom 11.11.2022)

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