100 Jahre Rundfunk

Hat das Radio seine beste Zeit noch vor sich?

TV-yesterday / Interfoto / pictu
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Ende 1922 strahlten Schweizer Sender erstmals Programme auf Deutsch aus. Im Buch „Radiozeiten“ wirft Stephan Krass Streiflichter auf große und dunkle Stunden des Mediums – bis zum frappierenden Erfolg des Podcasts.

Ist das noch Lob oder schon eine Frechheit? Er könne sich „keinen interessanteren Gesprächspartner vorstellen“, schrieb der Dichter Gottfried Benn 1955 an den Philosophen Adorno, im Vorfeld eines geplanten Radio-Gipfeltreffens der beiden. „Aber Sie sind gefährlich und mir dialektisch weit überlegen. Also müsste ich enorm arbeiten, um Ihnen gewachsen zu sein, und dazu habe ich für ein Rundfunkgespräch gar keine Lust.“ Auch sonst fand Benn für den Feuereifer der deutschsprachigen Intellektuellen der Nachkriegszeit, die kaputte Welt über gefunkte Botschaften zu heilen, nur Spott: „Sitzende Männer“ im Dienste dessen, „was das Abendland sein Höheres nennt“.

Aber er machte mit, aus Eitelkeit. Und weil es alle Wortgewaltigen taten. Max Frisch sandte Reportagen aus Amerika in Schweizer Wohnzimmer. Ingeborg Bachmann schrieb Drehbücher für eine Radio-Soap, mit denen die amerikanischen Besatzer die vom Nazismus verdorbenen Österreicher umerziehen wollten. Es war die Zeit, als Martin Walser als Studioregisseur begann. Die Zeit, als Alfred Andersch und Hans Magnus Enzensberger die Redaktion „Radio-Essay“ beim Süddeutschen Rundfunk zum Herzstück der „großen Kulturmaschine Funk“ machten. Und diese Zeit ist auch das nostalgische Herzstück des schönen Buches „Radiozeiten“ von Stephan Krass.

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