Frankreich: Zug braucht 24 statt elf Stunden ans Ziel

A train carrying Castor nuclear waste containers arrives at the interim storage in Lubmin
A train carrying Castor nuclear waste containers arrives at the interim storage in Lubmin(c) REUTERS (Christian Charisius)
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Pannen, ein fehlender Lokführer und betrunkene Passagiere haben den Zug mehrfach aufgehalten. Passagiere wollen klagen, die Bahn verweist auf eine "außergewöhnliche Aufeinanderfolge von Zwischenfällen".

Wegen des Winterwetters und anderer widriger Umstände haben hunderte Bahnreisende in Frankreich einen mehr als 24-stündigen Alptraum auf Schienen erlebt. Ein in Straßburg gestarteter Nachtzug, der eigentlich Montag früh den spanischen Grenzort Port Bou erreichen sollte, traf erst am späten Montagabend ein. Pannen, Schnee, ein fehlender Fahrer und betrunkene Passagiere sorgten unterwegs für Chaos.

Der Nachtzug der Staatsbahn SNCF mit rund 600 Fahrgästen war am Sonntag um 21.30 Uhr bereits verspätet im elsässischen Straßburg gestartet. Planmäßig sollte ein Teil des Zuges Montag früh gegen 8.30 Uhr im spanischen Grenzort Port Bou eintreffen, der andere Zugteil im südfranzösischen Nizza. Stattdessen kam der Zug erst nach mehr als 24 Stunden im Süden Frankreichs an.

Lokführer steigt aus

Zu einer ersten Verzögerung kam es, als der Lokführer im ostfranzösischen Belfort den Zug verließ. Er habe drei Tage lang gearbeitet und aus Sicherheitsgründen nicht weiterfahren dürfen, verteidigte eine SNCF-Sprecherin den plötzlichen Abgang.

Da es in Belfort keinen einsatzbereiten Lokführer gab, reiste ein Kollege aus Lyon an. Während die Passagiere nachts auf ihren Liegen oder Sitzen ausharrten, musste die Polizei anrücken, weil einige angetrunkene Fahrgäste Mitreisende belästigten.

Blockierte Strecke, defekte Lok

Nach der Abfahrt aus Belfort mussten die Passagiere weitere zwei Stunden warten, weil die Gleise durch einen Regionalzug blockiert waren, möglicherweise aufgrund der schweren Schneefälle. Am Montagnachmittag steckte der Zug erneut fest, diesmal bei der Ortschaft Tournus im Burgund, knapp 400 Kilometer südlich von Straßburg. Eine Lokomotive musste ausgetauscht werden, erst nach mehr als drei Stunden ging es weiter.

Am Abend dann durften in Lyon 240 Passagiere in einen eigens bereitgestellten TGV-Schnellzug nach Port Bou einsteigen. Zudem wurden einige Dutzend Fahrgäste ins südfranzösische Perpignan gebracht, rund 40 Kilometer von Port Bou entfernt. Die rund 360 Fahrgäste mit dem Reiseziel Nizza mussten ihre Fahrt bis nach Mitternacht in dem Pannenzug fortsetzen.

300 Essen für 600 Passagiere

Passagiere berichteten von verdreckten Toiletten, fehlender Information und mangelnder Versorgung. Am Mittag habe es Verpflegung gegeben, aber nur 300 Essen für 600 Passagiere, berichtete Ralph Lidy. "Es war sowieso kalt und ungenießbar." Ansonsten habe es nur einen Gutschein für eine heiße Schokolade gegeben. Ein anderer Reisender, Benjamin, berichtete, zeitweise seien Heizung und Strom ausgefallen. Einige Fahrgäste seien einem "Nervenzusammenbruch nahe" gewesen.

"Das Verwirrendste war, dass man im Zug niemanden von der SNCF gefunden hat, der uns sagen konnte, was los ist", sagte Anais Guthleben. Der Fahrgast Franck Asparte berichtete, eine mitreisende Anwältin habe die Kontaktdaten von etwa 300 bis 400 Passagieren aufgenommen, um eine Klage gegen die SNCF vorzubereiten.

Entschädigung und Gratiskarten versprochen

Die Staatsbahn sprach von einer "außergewöhnlichen Aufeinanderfolge von Zwischenfällen" und sagte den Betroffenen eine Entschädigung sowie Gratisfahrkahrten für eine Hin- und Rückfahrt zu. Verkehrsministerin Nathalie Kosciusko-Morizet sagte dem Sender RTL, dies sei "das Mindeste". Schließlich gehe es um eine Verspätung, die "haarsträubend" sei.

(APA)

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