Essayband

"Cinema Speculation": In Quentin Tarantinos Nähkästchen

Kein böser Biker, sondern ein ernst zu nehmender Autor von Texten über Filme (und Filmgeschichte) möchte Quentin Tarantino werden – mit seinem neuen Buch „Cinema Speculation“.
Kein böser Biker, sondern ein ernst zu nehmender Autor von Texten über Filme (und Filmgeschichte) möchte Quentin Tarantino werden – mit seinem neuen Buch „Cinema Speculation“.(c) Julian Ungano
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Mit seinem zweiten Buch treibt der Kultregisseur seinen Berufswechsel vom Filmer zum Autor weiter – in Form eines „Memoirs“, das vor allem aus launigen filmhistorischen Texten besteht. Und aus Anekdoten über den kleinen „Quint“.

Quentin Tarantino steht auf Männer. Nicht im geschlechtlichen Sinne, versteht sich – wobei er uns wissen lässt, dass er nichts gegen Homosexuelle hat, verdammt nochmal! –, sondern als bekennender Fan der imposanten Ausstrahlung stolzer, selbstbewusster Mannhaftigkeit. Als sich der zehnjährige Knabe mit dem Spitznamen „Quint“ den Blaxploitation-Knaller „Black Gunn“ (1972) zu Gemüte führte – mit einem schwarzen, vorwiegend männlichen Publikum im altgedienten Tower Theatre von Los Angeles – bescherte ihm der Moment, in dem Hauptdarsteller Jim Brown (unter begeistertem Johlen der Zuschauer) weiße Fieslinge mit einer Schrotflinte abwehrt, die „maskulinste Erfahrung“ seines Lebens. Danach, schreibt Tarantino, sei er „nicht mehr derselbe“ gewesen.

Es ist nur eine von vielen filmischen Urszenen, die der Kultregisseur in seiner neuen, autobiografisch grundierten Textsammlung „Cinema Speculation“ (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch) Revue passieren lässt. Mit Männlichkeit – und Gewalt – haben die meisten von ihnen zu tun. Die erste Kinobegegnung mit Playboy-Ikone James Bond? Ein „bahnbrechender Moment im Leben eines Jungen“. Eine markante Szene aus dem Thriller „The Outfit“? Das „Inbild ergreifender Maskulinität“. Eine andere aus „The Wild Bunch“ hat etwas „monumental Männliches“, das den Autor tief bewegt: „wahrhaft ein Augenblick, der gestandene Kerle zum Vergießen testosterongesalzener Tränen bringen kann“. Überhaupt wimmelt es in diesem Buch (in der Übersetzung von Stephan Kleiner) nur so vor Kerlen: „Dreckskerlen“, „Mistkerlen“ „zünftigen Kerlen“. Und der Gefängnisfilm „Flucht von Alcatraz“ verhilft dem von Tarantino bewunderten Regisseur Don Siegel an einer Stelle sogar zu „einer letzten künstlerischen Erektion“.

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