"Sicherheitsproblem"

Asyl: Nehammer sieht Debatte um Menschenrechtskonvention "viel breiter"

"Österreich ist ein Binnenland und hat über 90.000 Asylanträge - das ist zu viel und zeigt, dass der EU-Außengrenzenschutz nicht funktioniert", sagt Nehammer am Mittwoch nach dem Ministerrat.
"Österreich ist ein Binnenland und hat über 90.000 Asylanträge - das ist zu viel und zeigt, dass der EU-Außengrenzenschutz nicht funktioniert", sagt Nehammer am Mittwoch nach dem Ministerrat.APA/ROLAND SCHLAGER
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Das europäische Asylsystem sei "gescheitert“, befindet Bundeskanzler Karl Nehammer. Die Europäische Union habe ein „Sicherheitsproblem“. Diese gelte es nun auszubauen.

Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist die von ÖVP-Klubobmann August Wöginger angestoßene Debatte um die Europäische Menschenrechtskonvention "viel breiter" zu sehen. Anlass ist das gescheiterte europäische Asylsystem, sagte Nehammer am Mittwoch nach dem Ministerrat: "Österreich ist ein Binnenland und hat über 90.000 Asylanträge - das ist zu viel und zeigt, dass der EU-Außengrenzenschutz nicht funktioniert."

Es handle sich um ein Sicherheitsproblem der Europäischen Union. Daher wolle er als Bundeskanzler auf europäischer Ebene, aber auch mit dem grünen Koalitionspartner diskutieren, wie die Sicherheit Österreichs, aber auch der EU weiter ausgebaut werden könne.

Neos: „Nehammer will von eigenem Versagen ablenken"

Kritik an Nehammers Aussagen kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Dass Nehammer jetzt auf europäischer Ebene über den EU-Außengrenzschutz "diskutieren" wolle, sei das "nächste leere Versprechen". Nehammer wolle damit vom eigenen Versagen ablenken. An der Debatte rund um die Europäische Menschenrechtskonvention zeige sich, dass die ÖVP "hier völlig zerrissen" sei und keinerlei Linie habe. Nehammer habe nicht einmal die eigene Partei im Griff, so Deutsch. Für die SPÖ sind die Menschenrechte jedenfalls unteilbar. SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder bezeichnete die Äußerungen der ÖVP als "brandgefährlich". Wer die EMRK infrage stelle, stelle damit auch die österreichische Verfassung und die EU-Verträge infrage und übernehme Forderungen der extremen Rechten, so Schieder.

Für die Neos sind der Versuch, die EMRK und den Rechtsstaat zum "Sündenbock" zu machen, ein durchsichtiges Manöver der ÖVP, um vom eigenen Versagen in dieser Frage in den letzten knapp zwei Jahrzehnten abzulenken, wie deren Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper, findet. Statt "destruktiven Populismus" brauche es diverse Maßnahmen wie das Ende der Visafreiheit in Serbien für Menschen aus Indien, stärkere Kontrolle der Außengrenzen, menschenwürdige Behandlung und faire Verfahren sowie eine Verteilung der registrierten Asylwerber auf alle EU-Staaten mit Residenzpflicht in diesen Ländern, so Kripser.

Kritik und Unterstützung für Wöginger

Angestoßen wurde die Diskussion von Klubobmann Wöginger, der sich für die Überarbeitung der EMRK ausgesprochen hatte. Unterstützung dafür bekam er von den meisten Länderschefs. Und auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sieht Handlungsbedarf, habe doch deren "exzessive Auslegung" in der Rechtssprechung im europäischen Asylsystem zu teils "absurden Situationen" geführt.

Weniger Freude mit dem Vorschlag hatte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Parteikollege Othmar Karas, der die Europäische Menschenrechtskonvention als "humanistische Errungenschaft" bezeichnet. Wer sie infrage stelle, säge an einem Grundpfeiler unserer Demokratie. Der Vorstoß mache ihn "fassungslos", so Karas. Und auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nannte die EMRK "nicht verhandelbar".

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