Ukrainische Luftabwehr?

Was bisher über den Raketeneinschlag in Polen bekannt ist

Am Dienstagabend ist eine Rakete nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt in Polen eingeschlagen. Die Hintergründe sind noch unklar.
Am Dienstagabend ist eine Rakete nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt in Polen eingeschlagen. Die Hintergründe sind noch unklar.(c) APA/AFP/WOJTEK RADWANSKI (WOJTEK RADWANSKI)
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Die Hinweise darauf, dass der Raketeneinschlag in Polen die Folge des Abschusses einer russischen Rakete durch die Ukraine war, verdichten sich.

Am Dienstagabend ist eine Rakete im ostpolnischen Dorf Przewodow sechs Kilometer von der Grenze zur Ukraine eingeschlagen. Zwei Menschen wurden dabei getötet. Die Hintergründe zum Vorfall sind noch nicht geklärt. Nicht einmal, wer die Rakete abgeschossen hatte, ist mit Stand Mittwochmittag offiziell geklärt. Allerdings verdichten sich die Hinweise darauf, dass sie aus der ukrainischen Luftabwehr stammt.

So hat die Nato keine Erkenntnisse, dass der Raketeneinschlag in Polen von Russland ausgegangen ist. Das betont Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einer Sondersitzung des Nato-Rats in Brüssel. Es sei wahrscheinlich, dass eine ukrainische Luftabwehrrakete versehentlich in Polen eingeschlagen sei. Zuvor bestätigte dies auch die polnische Regierung am Mittwoch - nachdem Dienstagabend noch von „Raketen aus russischer Produktion" die Rede war. Aber auch seitens westlicher Militärquellen hieß es dazu, mit größerer Wahrscheinlichkeit dürfte die Rakete von einer "irrlaufenden" ukrainischen Flugabwehrrakete oder von herabstürzenden Resten einer solchen verursacht worden sein. Sicher galt die Rakete auf ukrainischer Seite einem russischen Marschflugkörper oder einer Boden-Boden-Rakete.

Auch aus US-Kreisen hieß es dazu, die Hinweise, dass es sich bei dem Geschoss um eine Flugabwehrrakete aus der Ukraine handle, verdichteten sich. US-Präsident Joe Biden soll bei einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs von Nato- und G7-Staaten auf Bali von einer Rakete des Systems S-300 gesprochen haben. Das System sowjetischer Bauart ist wesentlicher Bestandteil der ukrainischen Flugabwehr.

Nach Darstellung der Ukraine ist Russland für jeden Raketen-Zwischenfall verantwortlich. Russland bestreitet den Abschuss dieser Rakete. Russland habe mit dem Vorfall nichts zu tun, erklärte der Kreml am Mittwoch.

Nato und Nationaler Sicherheitsrat beraten über Lage

In Warschau und den westlichen Verbündeten Polens hat der Vorfall aber für Alarmbereitschaft gesorgt. Die Nato hielt am Vormittag in Brüssel eine Dringlichkeitssitzung ab. Schließlich ist Polen Mitglied der Militärallianz. Gegen Mittag trat Generalsekretär Jens Stoltenberg vor die Presse. "Wir haben keinen Hinweis darauf, dass es sich um einen bewussten Angriff gehandelt hat." Auch nicht darauf, dass Russland militärische Angriffshandlungen auf die Nato vorbereite. Dennoch müsse man die Ergebnisse der Untersuchung abwarten. Und, so betonte Stoltenberg: „Schuld für den Vorfall trägt nicht die Ukraine. Russland muss diesen sinnlosen Krieg beenden.“

Auch Polens nationaler Sicherheitsrat BBN tritt um 12.00 Uhr (MEZ) erneut zu Beratungen zusammen. Auch in Estland kommt die Regierung in Tallinn zu einer außerordentlichen Kabinettssitzung zusammen. Ministerpräsidentin Kaja Kallas berief das Treffen für Mittwochnachmittag ein und sprach von einem "äußerst schwerwiegenden" Vorfall.

Warnung vor voreiligen Schlüssen

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor voreiligen Schlüssen. "Jede voreilige Festlegung über den Tatsachenverlauf vor seiner sorgfältigen Untersuchung verbietet sich bei einer so ernsten Angelegenheit", sagte Scholz am Mittwoch nach dem G20-Gipfel. "Wichtig ist, dass wir alle gleichzeitig klar machen und klar gemacht haben, dass all das ja nicht passiert wäre ohne den russischen Krieg gegen die Ukraine, ohne die Raketen, die jetzt intensiv und in großem Ausmaß auf die ukrainische Infrastruktur verschossen werden."

Auch UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "sehr besorgt" über die Berichte über die Explosion einer Rakete in Polen. Er hoffe, dass eine gründliche Untersuchung durchgeführt werde, teilte sein Sprecher Farhan Haq mit. Es sei "absolut notwendig, eine Eskalation des Krieges in der Ukraine zu vermeiden.“ 

Auch China rief zur Zurückhaltung auf. Alle Parteien sollten unter den gegenwärtigen Umständen ruhig bleiben und Zurückhaltung üben, sagt die Sprecherin des Außenministeriums, Mao Ning, in einer turnusmäßigen Pressekonferenz.

(APA/Reuters/dpa/Red)

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