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Wie die Reiseroute wählen?

Je mehr Punkte auf der Reiseagenda, desto komplexer die Berechnung der Wege dazwischen.
Je mehr Punkte auf der Reiseagenda, desto komplexer die Berechnung der Wege dazwischen. Clemens Fabry
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Wie soll man die beste Reiseroute wählen? Die Methoden ähneln jener der DNA-Sequenzierung.

Das Problem ist allen Reisenden bekannt: Man möchte in einem geografischen Gebiet innerhalb von (sagen wir) zwei Wochen so etwa fünf verschiedene Destinationen besuchen, doch wie wählt man die Route? Reisende fragen sich, in welcher Reihenfolge sie das sinnvollerweise tun sollen. Nun ist es relativ einfach, ein halbwegs sinnvolles Itinerarium zu wählen, wenn nicht zu viele Variablen zu beachten sind, zum Beispiel, dass Ort A für seine grandiosen Sonnenuntergänge bekannt ist, Ort B für seine Innenstadt-Überlaufenheit am Wochenende und so weiter. Die Mathematik bezeichnet diese Fragestellung als das TFP, „Travelling Salepersons ­Problem“, auf Deutsch das „Problem des Handlungsreisenden“, erstmals erwähnt im Jahr 1930.

Der Wiener Mathematiker Karl Menger (1902–1985) sprach damals von der „Aufgabe, für endlich viele Punkte, deren paarweise Abstände bekannt sind, den kürzesten die Punkte verbindenden Weg zu finden“, und suchte als Erster nach Algorithmen zur Optimierung. Sagen wir, ein Handlungsreisender hat 500 Kunden in seinem Rayon, und er möchte alle möglichst so bedienen, dass seine Route nicht dem eines Wagerls im Autodrom gleicht oder gar dem irren Weg eines Tennisballs. Er will effizient arbeiten oder Sprit sparen, gleichzeitig nicht wahnsinnig werden.

Komplexer ist der Fall bei den Einsatzfahrzeugen der Autofahrerclubs, zu deren Pannenkunden sich permanent neue hinzugesellen, da die Schadensfälle ja zu unterschiedlichen Zeitpunkten bekannt werden. Vergleichbare Anwendungen betreffen jegliche Warenauslieferung oder die Kofferauslieferung von verspätetem Fluggepäck, aber eben auch die Suche nach der effizientesten Art von DNA-Sequenzierungen.

Ebenso erweckte das Problem das ­Interesse der Kognitiven Psychologie. Forschende wissen schon lang, dass ­Primaten auf Futtersuche ihre Routen planen. Eine Studie mit dem Namen „Let the Pigeon Drive the Bus“ (2011) – angelehnt an das populäre Kinderbuch „Don’t Let the Pigeon Drive the Bus“ – wies nach, dass sogar Tauben nach ­Optimierungsmöglichkeiten suchen, wenn sie sich, wie wir, auf die Reise machen. 

("Die Presse Schaufenster" vom 11.11..2022)

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