Artenvielfalt

Artenvielfalt: Kein gutes Zeugnis

BIO AUSTRIA H�fe nehmen besondere Verantwortung f�r Biodiversit�t wahr
BIO AUSTRIA H�fe nehmen besondere Verantwortung f�r Biodiversit�t wahr(c) BIO AUSTRIA (Edler)
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Elf Mal Rot, sieben mal Orange und nur ein grüner Punkt: Die Bilanz der Wissenschaft zur Österreichs Bemühungen um Artenvielfalt ist mehr als ernüchternd.

„Bereit für die Weichenstellung?“ - Diese Frage stellen die österreichischen Biodiversitäts-Forscher, die sich am Donnerstag und Freitag zu „Tagen der Biodiversität“ treffen. Dabei steht die Diskussion im Mittelpunkt, wie die Weichenstellung „von der Krise zur naturverträglichen Gesellschaft“ aussehen kann. Oder könnte.

Die Einführungstext erläutert, weshalb dies schwieriger ist als noch vor ein paar Jahren: „Die laufende(n) Krise(n) sorgen für eine Politik von notfallsartigen Reaktionen und eine Nachrangigkeit von proaktiven Biodiversitäts-Maßnahmen. Entsprechende Gesetzesentwürfe stecken in ihren Pipelines fest, geplante Vorhaben werden um Jahre verschoben. Die nun – trotz Krisen – sofort herbeizuführende Wende auf erneuerbare Energien drängt den Schutz der Artenvielfalt in den Hintergrund. Auch der Kampf um die Wasserressourcen hat bereits begonnen.“

Dieser Problemaufriss ist auch sehr detailliert ausformuliert – im Barometer zur Artenvielfalt, in dem der Österreichische Biodiversitätsrat beurteilt, wie es um die Vielfalt bei Flora, Fauna und Böden aussieht. Federführende Mitglieder dieses Biodiversitätsrats, Alice Vadrot (Universität Wien), Franz Essl (Uni Wien) und Christian Sturmbauer (Uni Graz) erkennen zwar leichte Verbesserungen im Zugang zu dem Thema, praktisch habe sich an der angespannten Situation aber nichts verändert. Essl formuliert das so: „Es ist so wie bei einem Team-Laufbewerb. Es gibt gute Trainingspläne, aber es mangelt an der Bereitschaft, Probleme anzugehen und Lösungen umzusetzen.“

Benotung in drei Stufen

Die Experten listen im „Biodiversitäts-Barometer“ 19 Themen auf. Es gibt eine dreistufige Benotung – gut, verbesserungsbedürftig und schlecht. Außerdem wird der Trend eingeschätzt: besser werdend, gleichbleibend oder verschlechternd. In diesem Ranking vergeben die Wissenschaftler einen grünen Punkt, sieben orange (verbesserungsbedürftig) und elf rote Punkte (schlecht).

Zu den einzelnen Themen: Es wird gelobt, dass der Biodiversitätsfonds mit Geld befüllt worden ist. Allerdings ist die über 2026 hinausgehende Finanzierung noch nicht gesichert. Die Experten kommen zwar zum Schluss, dass die Biodiversitätskrise „erstmals politisch ernst(er) genommen wird“, allerdings fehle bei diesem Punkt das Durchhaltevermögen. Es sei als Rückschritt zu werten, dass ökologisch wertvolle Brachflächen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zur landwirtschaftlichen Produktion freigegeben worden sind.

Kritisiert wird außerdem, dass Flächenverbrauch und intensive Landnutzung ungebremst weitergingen. Die Wissenschaftler erinnern an die vergleichsweise hohe Artenvielfalt, weshalb Österreich auch eine hohen Grad an Verantwortung habe – um „das Engagement zu stärken, vorhandene Verpflichtungen einzuhalten und ausgearbeitete Strategien umzusetzen.“ Österreich müsse beim Artenschutz beispielgebend sein.

Grobe Mängel in „Natura 2000"-Gebieten

In den Ausführungen des Biodiversitätsrats wird zwar die Vorbereitung der österreichischen Biodiversitätsstrategie 2030 gelobt. Allerdings hänge dieses Projekt in der Warteschleife, denn nach wie vor fehle der parlamentarische Beschluss dieser Strategie – und damit deren Verbindlichkeit.

Ganz schlecht sieht es schließlich bei der Umsetzung des europäischen Naturschutzes in Österreich aus. Das Land hat bei der Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie grobe Defizite. Hier gebe es beim Management dieser „Natura 2000“-Gebiete grobe Mängel, die Ausgestaltung diesbezüglichen EU-Rechts verlaufe „katastrophal langsam“.

Unerfüllt ist bisher auch die Forderung des Biodiversitätsrats, dass alle Maßnahmen und Gesetze, die zum Beschluss anstehen, geprüft werden, welche Auswirkung sie auf die Artenvielfalt haben. Insgesamt müsse es eine biodiversitätsfördernde Landnutzung geben. „Grüner Infrastruktur muss mehr Raum gegeben werden.“

Und der eine, einsame grüne Punkt? Den gibt’s dafür, dass es ein eigenens Umweltministeriums gibt, das für Artenvielfalt zuständig ist (der Entwurf der Kriterien fürs Barometer fiel in eine Zeit, in der das Umweltministerium mit dem Landwirtschaftsministerium zusammengelegt war).

>> Biodiversitäts-Barometer

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