Immobilieninvestments

Keine Zeit für Tollkühne oder Ängstliche

European Central Bank in Frankfurt
European Central Bank in Frankfurt(c) Getty Images
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Unsichere Zeiten und steigende Zinsen spielen den Stärken des heimischen Investmentmarkts für Gewerbeimmobilien in die Hände.

Seit dem 27. Oktober 2022 liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank, EZB, bei zwei Prozent. So hoch war er letztmalig im Jahr 2009. Schlechte Nachrichten sind dies grundsätzlich für die Finanzierung von Immobilienprojekten, die mit dem Zinsanstieg immer teurer wird – sollte man meinen. „Die Zinswende in der Eurozone gibt es nur auf dem Papier. Der Realzins ist derzeit so niedrig wie nie zuvor und das Geldleihen lohnt sich, solange die Inflation deutlich höher ist als die nominalen Zinsen“, entgegnet Tomasz Dukala, Board Member bei EPH European Property Holdings.

Kapitalschwemme

Immobilieninvestments bleiben laut Dukala interessant, sofern die Investoren auf die Qualität von Standorten achten und auf Assetklassen fokussieren, die im globalen Trend liegen. „Wenn Investoren bei der Wahl der Assets und ihrer Mieter selektiv sind, können die Investments zur Absicherung gegen die Inflation taugen, langfristig wertstabil sein und Marktschwankungen verkraften.“

Daran ändern auch die neuen Rahmenbedingungen nichts, die von globalen Krisen sowie steigenden Baukosten und Nominalzinsen geschaffen wurden. Im Gegenteil: Geht es nach Dukala, ist sogar davon auszugehen, dass die Suche nach inflationssicheren Anlagemöglichkeiten künftig noch mehr Kapital in die Immobilienmärkte schwemmen und die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Objekten in die Höhe schnellen lassen wird.

Abwartetaktik

Weniger Anlass zur Euphorie geben die Fakten, zumindest in Österreich. „Das aktuell sehr volatile und steigende Zinsumfeld, die Unsicherheiten durch den Ukrainekrieg und die Inflation zeigen seit Beginn des dritten Quartals ihren Einfluss auf den Investmentmarkt und führen aktuell zu Preisanpassungen und in vielen Fällen zu Abwarten auf Investorenseite“, heißt es im Update Q3 2022 des jüngsten EHL-Marktberichts. Optimistisch gibt man sich dennoch: „Die Kassen der Investoren sind weiterhin prall gefüllt und die derzeit in Abschluss befindlichen Transaktionen lassen ein traditionell stärkeres viertes Quartal erwarten, sodass ein Gesamtvolumen 2022 von mehr als vier Milliarden Euro erreichbar ist.“

Jahr der Besonnenen

Laut EHL-Experten wird der Investmentmarkt in den meisten der Gewerbeimmobilien-Assetklassen auch künftig gut funktionieren. Das Angebot stehe einer fundamentalen Nachfrage von Seiten institutioneller wie auch privater Investoren gegenüber. Die Herausforderung der steigenden Zinsen ist durch stark gestiegene Mieten aufgrund der Inflationsentwicklung leichter zu meistern. Davon profitieren Immobilien schließlich mehr als andere Sachwerte – solange Investoren auf Mieter setzen, die den Preisanstieg auch verkraften. Das Fazit des Investmentmarkt-Updates passt zur viel gepriesenen Stabilität des heimischen Marktes: „Die nächsten Monate sind weder die Zeit der Tollkühnen noch die der Ängstlichen, vielmehr ist es das Jahr der Besonnenen.“

Risikodiversifikation

Ähnlich lautet die Analyse im Immobilien Marktbericht Colliers Österreich 2022: „Der Krieg in der Ukraine, die rasante Preisspirale im Energiebereich, die Engpässe bei den Lieferketten und stark steigende Rohstoffpreise machen den Markt alles andere als vorhersehbar. Investoren überdenken ihre Strategien und warten vorerst einmal ab.“ Gesetzt werde vermehrt auf Sicherheit und Stabilität. Zu erkennen sei dies laut Colliers-Fachleuten an der Assetklassen-Auswahl. So sind es vor allem gemischt genutzte Immobilien, die 2022 aufgrund der Risikodiversifizierung stärker in den Fokus der Investoren gerückt sind.

Der Investmentmarkt

Gewerbliche Immobilien. Von einem gedämpften Transaktionsvolumen sprechen Experten. Als Grund werden einerseits sehr hohe Preiserwartungen der Verkäufer und andererseits ein volatiles Zinsumfeld angegeben. Laut jüngstem Marktbericht von EHL wurden im dritten Quartal des Jahres rund 800 Millionen Euro umgesetzt. Das Gesamttransaktionsvolumen 2022 betrug nach neun Monaten drei Milliarden Euro, insgesamt könnte es bis Ende des Jahres auf vier Milliarden ansteigen.


Die Unsicherheiten als Folge der geopolitischen Lage haben zudem dazu geführt, dass die Nachfrage 2022 wieder überwiegend durch lokale (knapp 60 Prozent) und deutsche Investoren (rund 36 Prozent) generiert wurde. Laut EHL sollte das nur ein vorübergehender Zustand sein: „In den nächsten Monaten ist die Bildung von Joint Venture Strukturen zwischen lokalen Entwicklern und opportunistischen, kapitalstarken institutionellen Investoren zu erwarten, die insbesondere aus dem UK- und US-Raum kommen.“ (red.)

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